ich von Kiwie gelernt habe :;)
Porsche
Das Rollkommando auf dem Weg nach Wolfsburg
Um bei VW an die Macht zu kommen, haben Wendelin Wiedeking und sein Finanzvor...
Um bei VW an die Macht zu kommen, haben Wendelin Wiedeking und sein Finanzvorstand Holger Härter "heuschreckengleich" agiert
02. Januar 2008 Eine Woche vor Weihnachten musste Martin Winterkorn noch eine Botschaft loswerden. In der Gläsernen Manufaktur in Dresden, dort wo die beinahe unverkäufliche Luxuslimousine Phaeton montiert wird, hatte der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen 1200 Führungskräfte des Konzerns eingeladen, um sie auf ein großes Ziel einzuschwören: VW soll eines Tages den Weltmarktführer Toyota überholen.
Das ist die Kernaussage von Winterkorns Zehnjahresstrategie „Mach 18“. Was bis dahin längst Realität sein dürfte, ist das Ende von VW als eigenständiger Konzern. Der Sportwagenhersteller Porsche, der den Familien Piëch und Porsche gehört, wird dann auch VW besitzen. Es ist ein Husarenstück, das in Stuttgart ausgeheckt wurde: Das Wolfsburger Unternehmen, einst aufgebaut vom Käfer-Erfinder und Piëch-Großvater Ferdinand Porsche, wird zum Familienunternehmen.
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Das Rollkommando aus Bietigheim-Bissingen
Bis heute passt diese Vorstellung nicht zum Wolfsburger Selbstverständnis. Und so ist es kein Wunder, dass VW-Chef Winterkorn diese Perspektive in seiner Zehn-Jahres-Strategie unerwähnt lässt. Doch genau in der Übernahme, die für so manchen selbstbewussten VW-Manager zur Unterordnung werden kann, liegt die Sprengkraft für das Unternehmen.
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Schon heute reden sie auf den Fluren im VW-Hochhaus in Wolfsburg über die Berater der Porsche-Consulting, dem „Rollkommando“ aus Bietigheim-Bissingen: Zwar liefen die schon früher in den VW-Werkshallen herum, inzwischen aber - im Wissen um die baldige Übernahme - mit besonders breitem Kreuz. Für Porsche ist der Weg zur Übernahme von Europas größtem Autokonzern frei, seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) das VW-Gesetz kippte. Zuvor schützte das Land Niedersachsen als Großaktionär den Konzern.
Ende Januar beginnt die Zeit der Grausamkeiten
VW stehen damit turbulente Zeiten bevor. Porsche-Chef Wiedeking lässt kaum eine Gelegenheit aus, zu sagen, dass er „keine heiligen Kühe“ dulde. Aber erst nach der Landtagswahl in Niedersachsen Ende Januar soll die Zeit der Grausamkeiten beginnen: Gegen die Stimmen der VW-Belegschaft kann Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Christian Wulff (CDU) die Wahl nicht gewinnen.
Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Martin Winterkorn, schwört seine ...
Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Martin Winterkorn, schwört seine Führungskräfte auf ein Ziel ein: VW soll den Weltmarktführer Toyota überholen
Als „äußerst gespannt“ wird im VW-Umfeld das Verhältnis von Wiedeking und Winterkorn beschrieben. Immer wieder soll es zu Querelen zwischen den beiden machtbewussten Managern kommen, heißt es. Scheinbar unversöhnlich stehen sich auch die Porsche- und die VW-Belegschaft gegenüber, wie der Schaukampf von Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück und VW-Kollege Bernd Osterloh zeigt.
Und dann läuft noch die VW-Affäre
Die beiden IG-Metaller streiten vor Gericht, wie ihre Belegschaften im Aufsichtsrat der Porsche-Holding vertreten sein sollen. Und dann läuft da noch vor dem Landgericht Braunschweig der Prozess zur Aufarbeitung der VW-Affäre, jene schmuddeligen Ereignisse um Schmiergelder und Lustreisen von Betriebsräten, die im Sommer 2005 ans Licht kamen und zum Sturz der früheren VW-Größen Klaus Volkert und Peter Hartz führten.
Der Porsche-Enkel Ferdinand Piëch hat bei VW ein engmaschiges Netz aus wechse...
Der Porsche-Enkel Ferdinand Piëch hat bei VW ein engmaschiges Netz aus wechselseitigen Abhängigkeiten gewoben
In jenem Sommer vor zwei Jahren fiel bei Porsche der Entschluss - ganz im Sinne der Familien Porsche und Piëch -, VW-Aktien zu kaufen. Im September desselben Jahres gab Porsche sein VW-Engagement bekannt, ein Jahr später hatte der Sportwagenhersteller bereits 27,4 Prozent der Anteile aufgekauft. Etwa 5 Milliarden Euro hat die VW-Beteiligung bisher gekostet, weitere 10 Milliarden Euro dürften fällig sein, um zum aktuellen Aktienkurs die Mehrheit zu erlangen.
Die Seilschaft mit der Arbeitnehmerbank
In Sonntagsreden geißelt Wiedeking gern die Auswüchse des globalen Kapitalismus. Aber um bei VW an die Macht zu kommen, haben er und sein Finanzvorstand Holger Härter „heuschreckengleich“ wie Finanzinvestoren agiert - freilich immer mit voller Rückendeckung der Familien Porsche und Piëch.
Die Macht des VW-Betriebsrats hat Wiedeking in der neuen Porsche-Holding beschnitten. Viele Jahre haben Betriebsrat und Vorstand bei VW an einem Strang gezogen, haben eine Vier-Tage-Woche ausgeheckt und allerlei andere Bündnisse geschmiedet. In den neunziger Jahren stand Ferdinand Piëch an der Konzernspitze. Wiedeking ist Piëchs langjährige Seilschaft mit der Arbeitnehmerbank bekannt, und er weiß auch, wie engmaschig der kantige Porsche-Enkel sein Netz aus wechselseitigen Abhängigkeiten gewoben hat.
Taktische Manöver
Frisch in Erinnerung ist noch, wie Piëch seinen Nachfolger Bernd Pischetsrieder mit Hilfe der Arbeitnehmer erst öffentlich demütigte und dann an der Konzernspitze demontierte. Gewerkschafter und Betriebsräte stehen zwar seit jenem taktischen Manöver wie in alten Zeiten in Nibelungentreue zum heutigen VW-Aufsichtsratsvorsitzenden - doch auch dessen Macht ist jetzt durch den Porsche-Clan begrenzt.
Bei VW läuft nichts mehr ohne Kenntnis von Aufsichtsrat Wiedeking. Künftig werden alle wichtigen Entscheidungen bei VW in der Porsche-Holding getroffen. Viele VW-Mitarbeiter erwarten, dass der Porsche-Chef nach der Übernahme die Zügel noch enger anzieht. Manche vermuten gar, er könne es auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden von VW abgesehen haben, um die heiligen Kühe schneller schlachten zu können - Winterkorn würde dann als Markenchef degradiert.
Eine umfassende Modelloffensive
Auch wenn derart verwegene Szenarien nicht Realität werden, wird sich in Wolfsburg viel verändern. Winterkorn hat nach seinem ersten Jahr als Konzernchef mit dem Plan „Mach 18“ den Weg vorgezeichnet: Eine umfassende Modelloffensive soll allein bei der Kernmarke VW den Absatz von heute 3,5 auf 6,6 Millionen Autos steigern. Gleichzeitig muss die Produktivität jedes Jahr besser werden.
Bis 2018 soll die Kapitalrendite vor Sondereinflüssen von heute 5,3 auf dann 21 Prozent gesteigert werden. Denn, so Winterkorns Botschaft, VW müsse den Wettbewerber Toyota überholen. Genau davon spricht Wiedeking schon seit Monaten. Und wenn Winterkorn die Lücken auf den internationalen Automärkten anspricht, darf man getrost davon ausgehen, dass Wiedeking diese vorab identifiziert hat. So oder so: Die heiligen Kühe in Wolfsburg und der starke Betriebsrat haben ihre besten Zeiten hinter sich.
Text: F.A.Z., 02.01.2008, Nr. 1 / Seite 14
Bildmaterial: AP, dpa