(Zur abwechslung mal realistisch) kein Kernschrott+
nicht von Tom Gerhard (Booooh ehhhh)
Analyse Comroad
Telematik
Auf dem rechten Weg?
Die seit 1995 bestehende Comroad in Unterschleißheim verbindet die Technologien des satellitengestützten Ortungssystems GPS, des Mobilfunkstandards GSM sowie des Internets, um darauf basierende intelligente Verkehrs-Telematik-Systeme u.a. für die Fahrzeugnavigation anzubieten. Gegenwärtig beschäftigt Comroad 29 feste und 18 freie Mitarbeiter.
Die Aktie wurde am 18. Dezember 2000 in den Nemax-50 aufgenommen. Sie kam im November 1999 zu einem Preis von 5,125 Euro (splitbereinigt) an den Neuen Markt. Danach hat sie sich sehr volatil entwickelt: Einer Verzwölffachung innerhalb von drei Monaten folgte eine Halbierung und eine erneute Verdoppelung gefolgt von einem erneuten Verlust von mehr als 50% bis heute. Der aktuelle Kurs liegt immer noch über dem Fünffachen des Emissionspreises. Damit gehört Comroad zu den erfolgreichsten Aktien am Neuen Markt in der letzten Zeit. Es liegt aber auch die Vermutung nahe, daß das Papier nicht als billig gelten kann, was wir im Folgenden überprüfen wollen.
Der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit liegt in der Entwicklung von Telematiklösungen und der Produktion der dazu erforderlichen Software. Comroad läßt die entsprechende Hardware bei zwei Unternehmen in Deutschland und China im Auftrag fertigen (Endgeräte im Fahrzeug) bzw. verwendet Standardhardware renommierter Hersteller (Server für Telematikzentralen).
Comroad verfügt über 31 internationale Kunden, bei denen es sich zum großen Teil um Tochtergesellschaften von Mobilfunkunternehmen handelt. Für diese hat Comroad inzwischen weltweit Telematikzentralen eingerichtet. Mit diesen Kunden sollen beeindruckende Umsätze erwirtschaftet werden. So ist geplant, innerhalb von drei Jahren mit Online Telematics in Großbritannien mehr als 80 Mio. DM Umsatz zu erwirtschaften, Security Online Scandinavia (Norwegen) und Amoun Contracting (Ägypten) sollen im gleichen Zeitraum zusammen immerhin mehr als 50 Mio. DM bringen. Diese Umsätze sind teilweise abhängig davon, daß die Betreiber der Telematikzentralen genügend Kunden gewinnen, an welche sie Endgeräte und Dienstleistungen vertreiben. Dazu werden mit den Betreibern bestimmte zu erreichende Meilensteine vereinbart, die bisher auch immer erreicht oder übertroffen wurden.
Comroad ist einige Kooperationen bzw. Beteiligungen mit Unternehmen eingegangen, die technologisch eine gute Ergänzung darstellen. Dazu gehören u.a. Wavecom (Frankreich), die ein Mobilkommunikationsmodul entwickelt hat, das gut in die Fahrzeugelektronik integriert werden kann, T + T Netcom (Österreich), die u.a. Hard- und Software für mobile Logistiksysteme entwickeln, sowie Telcontar (Kalifornien), die eine Karten/Content-Management Software entwickelt hat, die in die Systeme von Comroad integriert werden soll.
Produkte
Bei den Produkten von Comroad handelt es sich nicht um normale Fahrzeugnavigationssysteme, die mit digitalem Kartenmaterial auf CD-ROM arbeiten. Statt dessen erfolgt der Hauptteil der Informationsverarbeitung in sogenannten Telematikzentralen. Diese garantieren den Zugriff auf aktuelle Daten einschließlich der Verkehrslage und reduzieren die Installation aufwendiger Hardware im Fahrzeug. Zusätzlich werden Leistungen angeboten, die über die Navigation hinausgehen. Insbesondere für den professionellen Einsatz bei Fahrzeugflotten sind die Möglichkeiten interessant, verschiedenste Daten zu überwachen und festzuhalten, wie z.B. die Fahrzeugposition und technische Daten wie etwa die Kühlmitteltemperatur. Weiterhin ist die direkte Übermittlung von Anweisungen der Firmenzentrale an die Fahrzeuge sowie die mobile Erfassung von Warenbestandsveränderungen im Fahrzeug einschließlich deren Rückmeldung an die Zentrale möglich. Die Telematikzentralen sollen auch eine Fülle weiterer Leistungen, wie mobiles Einkaufen und multimediale Unterhaltung anbieten, doch dem messen wir nur geringe Bedeutung zu.
Die wesentliche Technologie, die beim Betrieb der Telematikzentralen zum Einsatz kommt, nennt Comroad GTTS (Global Transport Telematic System). Für die Endgeräte in Fahrzeugen hat Comroad OMTP (Open Modular Telematic Platform) entwickelt. Insgesamt ergibt sich damit ein sehr flexibles System, das mittels verschiedener Hard- und Softwaremodule an unterschiedliche Anforderungen angepaßt werden kann.
Comroad generiert Umsätze im wesentlichen aus drei Quellen:
Einrichtung von GTTS-Telematikzentralen mit der erforderlichen Hard- und Software,
Endgeräte in den Fahrzeugen, wobei der Absatz hauptsächlich über Betreiber der Zentralen erfolgt und
Nutzungsabhängige Anteile an den Einnahmen der Betreiber der Zentralen.
Markt/Konkurrenz
Comroad zitiert gern eine Studie, nach welcher sich der Markt für Telematik auf 6 Mrd. USD im Jahr 2000 belaufen und bis zum Jahr 2015 kumuliert auf über 400 Mrd. USD wachsen soll. Diese Zahlen sehen zunächst sehr beeindruckend aus, das Zauberwort jedoch heißt kumuliert. Es sollen also nicht im Jahr 2015 400 Mrd. USD erreicht werden, sondern insgesamt für den ganzen Zeitraum. Wenn wir vereinfachend von einer konstanten Wachstumsrate ausgehen, so errechnet sich diese zu 17% p.a., was im Jahr 2015 einem Marktvolumen von "nur" 63 Mrd. USD entspräche. Zahlen in der gleichen Größenordnung nennt eine aktuellere Studie von UBS Warburg, sie erwartet aber ein noch höheres Wachstumstempo. Demnach soll der Markt von 4,2 Mrd. USD im Jahr 2000 über 24 Mrd. in 2005 auf über 47 Mrd. in 2010 anwachsen. In den ersten fünf Jahren wäre das ein durchschnittliches Wachstum von 42%, in zehn Jahren um 27% p.a.
Unter diesem Aspekt erscheint das von Comroad angestrebte Umsatzwachstum, welches noch über mehrere Jahre in der Nähe von 100% p.a. liegen soll, sehr ambitioniert. Wenn dies tatsächlich erreicht wird (und dabei sogar noch wie geplant die Umsatzrendite steigt), wäre das eine hervorragende Leistung. Leichte Zweifel erscheinen jedoch angebracht.
Comroad betont immer wieder, daß es keinen direkten Konkurrenten gebe. Es entspricht der Realität, daß sich sonst niemand auf die Einrichtung von Telematik-Zentralen fokussiert. Doch das muß nicht unbedingt ein Pluspunkt für Comroad sein. Im Gegenteil könnte es darauf hindeuten, daß andere Unternehmen dieses nicht als zukunftsträchtiges Geschäftsfeld sehen. Partielle Konkurrenten konzentrieren sich dagegen auf andere Teilbereiche, das sind vornehmlich die Endgeräte im Fahrzeug. Zwar ist dort mit deutlich fallenden Preisen zu rechnen, dennoch dürfte es sich wegen der stark steigenden Stückzahlen um ein attraktives Feld handeln. Navigations- bzw. Telematiksysteme werden voraussichtlich in einigen Jahren zur Standardausstattung von Neuwagen zunächst gehobener Preisklassen und schließlich fast aller neuen PKW gehören. Stark vertreten sind hier u.a. Unternehmen wie VDO-Dayton, Becker und Blaupunkt.
Nach Einschätzung von Frost & Sullivan könnten die kleinen Anbieter – zu denen auch Comroad gerechnet werden muß – durch Großkonzerne wie Motorola, BMW und Daimlerchrysler in Ihrer Existenz bedroht werden. Um sich dagegen zu schützen, seien Partnerschaften mit großen Unternehmen zwingend notwendig. 1999 hatte Comroad solches erstmals verkündet, in der "In-Car Computing Initiative" war man gemeinsam mit großen Namen wie Intel, Nokia, Ericsson, Nokia, BMW, ADAC usw. vertreten. Der Haken an der Sache ist nur, daß seitdem nichts mehr von dieser strategisch äußerst wichtigen Initiative zu hören war. Nach Aussagen von Comroad ist man aber immer noch an aktuellen Initiativen von Intel und Microsoft beteiligt. Viele Automobilhersteller verfügen bereits über eigene Telematiktechnik:
BMW: BMW Assist verbindet ein Navigationssystem mit Mobilfunkfunktion z.B. zum Abruf von Informationen über Restaurants, Hotels etc.
GM (Opel): Onstar ist ein System, das auf der Integration von Mobilfunktechnik im Radio basiert. Die meisten Funktionen werden bisher über personalintensive Call-Center abgewickelt.
Die Volkswagen-Tochter Gedys Telematics entwickelt ebenfalls Telematiksysteme, bisher jedoch vornehmlich für den professionellen Einsatz (Logistik, Flottenmanagement etc.).
Die Tochter von Daimlerchrysler Debis kooperiert mit der Deutschen Telekom im Gemeinschaftsunternehmen Tegaron Telematics. U.a. bietet Tegaron ähnlich wie auch Comroad die Möglichkeit, relativ preiswerte PDAs (Personal Digital Assistants), die etliche Kunden ohnehin schon besitzen, für Navigations- und Telematikzwecke zu nutzen.
Der Telematikmarkt ist noch stark im Fluß. Aktuell steht u.a. die Anpassung der Systeme an die neuen Mobilfunkstandards GPRS und UMTS an. Darüber hinaus werden aber wesentlich weiter gehende Funktionalitäten erprobt, die auch Eingriffe in das Fahrverhalten der Fahrzeuge umfassen können. So ist z.B. denkbar, daß das Fahrzeug automatisch abgebremst wird, wenn es sich zu schnell einer scharfen Kurve nähert. Das ist zwar noch Zukunftsmusik, doch wird deutlich, daß über lange Zeit noch erhebliche Entwicklungsanstrengungen nötig sind, um bei dem schnellen technischen Fortschritt mitzuhalten. Hier liegt ein nicht unwesentliches Risiko für relativ kleine Unternehmen wie Comroad.
Geschäftsergebnisse und Bewertung
Bisher kann Comroad eine eindrucksvolle Entwicklung bei Umsätzen und Gewinnen vorweisen, die sich nach dem Börsengang Ende 1999 noch beschleunigte. Im Laufe des Jahres 2000 sind die Prognosen des Unternehmens immer nach oben korrigiert worden. Die realen Ergebnisse für das Gesamtjahr liegen nach den gerade veröffentlichten vorläufigen Umsatzzahlen nochmals darüber, die vollständigen Jahresergebnisse werden am 26. Februar gemeldet.
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