News - 10.03.09 19:08
Commerzbank-Chef Blessing wirft Ballast ab
Die Commerzbank stellt im Zuge der Übernahme der Dresdner Bank rund 20 Beteiligungen und Randbereiche auf den Prüfstand. Darunter befindet sich auch die traditionsreiche Münchener Privatbank Reuschel & Co., die seit mittlerweile fast 40 Jahren mit der Dresdner Bank verbunden ist.
FRANKFURT. "Der Prozess wurde zu Jahresanfang angestoßen", hieß es in Finanzkreisen. "Es geht um nicht-strategisches Geschäft." Hierzu zählten neben Reuschel auch Industriebeteiligungen oder kleinere Vermögensverwalter. Commerzbank-Chef Martin Blessing habe mit der Aufgabe die US-Investmentbank Goldman Sachs beauftragt, bei der seine Frau Dorothee Partnerin ist. Hierzu zähle, Optionen für die jeweiligen Einheiten zu erarbeiten beziehungsweise den Verkauf zu sondieren, sagte ein Insider. "Das ist noch in einem frühen Stadium, es gibt keine Entscheidungen."
Die Commerzbank bestätigte, ihr Portfolio zu überprüfen. "Wir wollen uns noch stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren", sagte ein Sprecher. "Es gibt aber keine Verkaufsliste." Goldman Sachs und Reuschel lehnten eine Stellungnahme ab.
Dass die Commerzbank bereit ist, zügig Randbereiche abzugeben, hat sie in den vergangenen Tagen bereits unter Beweis gestellt. So kaufte eine brasilianische Investorengruppe kürzlich die Dresdner-Bank-Aktivitäten in dem südamerikanischen Land. Früheren Angaben des Käufers zufolge ging es dabei um einen Preis von bis zu 100 Mio. US-Dollar - was die Commerzbank jedoch nie bestätigt hat. Darüber hinaus wurde am Wochenende bekannt, dass das Geldhaus den Verkauf seines britischen Hedge-Fonds-Anbieters Comas (Commerzbank Alternative Investment Strategies) prüft. Eine Entscheidung könnte Finanzkreisen zufolge binnen Wochen fallen.
Die Übernahme der Dresdner Bank mit ihren milliardenschweren Risiken sowie die Verschärfung der Finanzkrise hat die Commerzbank unter Druck gesetzt. Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus musste mit 18,2 Mrd. Euro Eigenkapital vom Staat gestützt werden, künftig hält der Bund gut 25 Prozent der Aktien.
Mit der geplanten Trennung von Teilaktivitäten würde sich die Commerzbank auf ihr Kerngeschäft mit Privatkunden, Mittelständlern und Großkonzernen konzentrieren. In Finanzkreisen hieß es, die zu erwartenden Verkaufserlöse beziehungsweise Buchgewinne dürften aber kaum zu einer nennenswerten Entlastung des Eigenkapitals führen. "Dazu ist das einfach zu klein", sagte ein Banker.
Mit dem Bankhaus Reuschel würde die Commerzbank allerdings Abschied von einer kleinen, aber feinen Adresse nehmen. Es war 1947 von Wilhelm Reuschel durch den Eintritt in das Bankhaus Witzig & Co. gegründet worden. Nach stetem Wachstum stieg im Dezember 1970 die Dresdner Bank über eine Kommanditbeteiligung ein.
2007 konnte Reuschel trotz des Ausbruchs der Finanzkrise mit seinen 426 Mitarbeitern den Gewinn um gut drei Viertel auf 18,1 Mio. Euro steigern. Zahlen für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor. Früheren Angaben zufolge sollte aber bis zum Jahr 2010 der Gewinn mit rund 30 Mio. Euro fast verdoppelt werden.
Quelle: Handelsblatt.com