blogs.wallstreetjournal.de/die_seite_drei/2013/04/19/blessing-joggt/
Eine ist überall zu sehen auf dem Aktionärstreffen der Commerzbank: die Joggerin aus der Werbung. Mit grauem Kapuzenpulli und weißen Kopfhörern im Ohr sinniert die junge Frau, die in spezieller Mission für die Commerzbank quer durch Frankfurt trabt, warum man den Banken heutzutage nicht mehr vertraut.
Ihr Konterfei zierte den riesigen Bildschirm in der Frankfurter Messehalle, in der sich die Anteilseigner der Bank versammelt haben. In Fleisch und Blut scheint sie am Eingang zu stehen, wo sich einige Demonstranten den Spaß gemacht haben, sich genau wie die Joggerin zu kleiden.
Sie verteilen Flyer, der ebenfalls eine joggende Frau zeigt. Doch die Frage, warum man den Banken immer weniger vertraut, beantworten die Demonstranten anders als die Commerzbank. Banken, so heißt es auf dem Flyer, vertraue man immer weniger, weil sie „noch immer Umwelt- und Menschenrechtssünder finanzieren“.
Ein Rüstungskonzern wie Rheinmetall, der die Kanone für den Lepopard-2-Panzer liefert, der gerade 86 Mal nach Katar verkauft wurde, ist nach wie vor Commerzbank-Kunde. Das passe nicht zum radikalen Imagewechsel, den die Bank versuche, kritisieren die kritischen Jogger vor der Festhalle.
Martin Blessing, der Dauerläufer an der Spitze der Commerzbank, wird sich drinnen im Saal noch mit ganz anderen Vorwürfen auseinandersetzen müssen. Denn ob sie ihrer Bank vertrauen können, das ist auch für die Anteilseigner die entscheidende Frage.
Die Geschäftspolitik fordert ihnen weitere Opfer ab. Da ist die Kapitalerhöhung über 2,5 Milliarden Euro, die für sie Verlust bedeutet, das sind die Kosten für den Stellenabbau, die gleich im ersten Quartal rote Zahlen bedeuten, da sind die verpassten Ziele der Vergangenheit und so weiter.
Blessing, der Freizeit-Marathonläufer, kann sich nicht wegducken und tut das auch nicht. Er läuft aufgeräumt und mit aufrechtem Gang in die Messehalle. Er kennt die Kritik gegen ihn und die teils auch persönlichen Anwürfe.
Der Weg, auf dem die Commerzbank unterwegs ist, gehört zur Langstrecke, sagt Blessing ihnen. „Schnelle Erfolge wird es dabei nicht geben“. Stattdessen brauche es Kraft, Ausdauer und Willensstärke. Jetzt müssen nur die Aktionäre noch durchhalten.