Rundumschlag der Rating-Riesen
Moody's stuft britische und portugiesische Banken herunter. Fitch wertet Italien und Spanien ab
Der Ausblick für die dritt- und viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone bleibt negativ. Eine weitere Abstufung ist möglich
Bankenhilfe entfacht Streit zwischen Deutschland und Frankreich. Sarkozy will den Rettungsfonds anzapfen
London
Die US-Ratingagenturen Moody's und Fitch haben die Sorgen um Europas Banken und um die unter hohen Schulden leidenden Länder Italien und Spanien weiter angeheizt. Die Analysten von Moody's setzten zum Rundumschlag an und senkten den Daumen über zwölf britische und neun portugiesische Institute, darunter große Häuser wie Royal Bank of Scotland (RBS) und Lloyds. Für Großbritanniens Geldhäuser begründete Moody's den Schritt damit, dass die Banken in künftigen Notlagen weniger Hilfe von der britischen Regierung erwarten könnten. Der Staat würde zwar vermutlich systemrelevante Institute unterstützen, aber nicht in dem Maße wie dies 2008 geschehen ist. Kleinere Banken könnten in Schieflagen noch weniger auf Steuergelder vertrauen.
Als wäre das noch nicht genug, stufte Fitch dann am Abend in einem Doppelschlag die Kreditwürdigkeit Italiens und Spaniens herab. Während die Bonität Italiens um eine Stufe auf die fünfthöchste Note "A+" sinkt, wurde das Rating für Spanien um zwei Stufen auf die vierthöchste Note "AA-" gesenkt. An den Finanzmärkten kam der Euro etwas unter Druck, während sichere Anlagen wie deutsche Staatsanleihen Zulauf erhielten.
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Fitch ist die kleinste der drei großen Ratingagenturen. Die Konkurrenten Standard & Poor's und Moody's hatten die Bonität Italiens bereits jüngst herabgestuft - der Schritt von Fitch ist also keine Überraschung. Sowohl für Italien als auch für Spanien ist der Rating-Ausblick negativ, was eine weitere Herabstufung in den kommenden Monaten möglich macht. Fitch begründete seine Entscheidungen mit Risiken für die beiden Länder wegen der Schuldenkrise im Euroraum. Italien ist die dritt-, Spanien die viertgrößte Euro-Volkswirtschaft.
Von der Banken-Herabstufung durch Moody's sind in Portugal die wichtigsten Kreditinstitute des Landes betroffen, etwa die staatliche Caixa Geral de Depositos, die größte Bank des Landes. Grund für die Abstufung seien in erster Linie die große Menge portugiesischer Staatsanleihen, die die Banken in ihren Bilanzen halten und die schwachen Konjunkturaussichten.
In Großbritannien scheint die krisengeschüttelte RBS besonders unter Druck zu sein. Ihre Rettung durch den britischen Steuerzahler vor drei Jahren war mit 45 Mrd. Pfund die teuerste der ganzen Welt. Heute gehört sie zu 82 Prozent dem britischen Staat. Wie die "Financial Times" in ihrer Freitagsausgabe berichtete, wächst in der britischen Regierung die Sorge, dass die RBS eine neue Geldspritze vom Staat brauchen könnte. Demnach könnte der Großbank das Kapital knapp werden, sollten die europäischen Staatspapiere im Portfolio der Bank zu sehr abwerten. Die RBS war eine von fünf Banken, die die europäischen Stresstests im Juli zwar bestanden, aber eine relativ niedrige Kernkapitalquote aufwiesen. Die anderen vier Banken waren Commerzbank, Deutsche Bank, Société Générale und UniCredit.
Unbestätigten Gerüchten zufolge prüft die Europäische Bankenaufsicht EBA derzeit erneut, wie europäische Banken auf mögliche Ausfälle von Staatspapieren vorbereitet wären. Ein RBS-Sprecher sagte, es gebe keinen Anlass zur Sorge. Seit den Stresstests im Juli habe die Bank die Summe ihrer italienischen Staatsanleihen von 4,7 Mrd. Euro auf vier Mrd. Euro reduziert. Den Wert ihrer griechischen Staatsanleihen von ursprünglich 1,2 Mrd. Euro habe sie zur Hälfte abgeschrieben. Ihre Kernkapitalquote läge bei 11,1 Prozent und damit höher als die der meisten europäischen Banken.
Auch der britische Schatzkanzler George Osborne versuchte die Lage zu beruhigen. "Ich bin überzeugt, dass die britischen Banken gut kapitalisiert und liquide sind", sagte er im BBC-Radio. Sie stünden besser da als viele Banken in der Euro-Zone. Die Herabstufung von Moody's spiegele nur das Bemühen der Regierung wider, künftig weniger Steuergelder in die Rettung der Banken zu stecken. Während Osborne versuchte, Zuversicht zu verbreiten, war der britische Notenbankchef Mervyn King eher in apokalyptischer Stimmung. "Dies ist unzweifelhaft die größte Finanzkrise, die die Welt jemals erlebt hat", sagte er dem TV-Sender Channel 4. 2008 und 2009 sei die Situation um einiges einfacher gewesen als heute. Am Donnerstag hatte King daher die Notenpresse der Bank of England angeworfen. In den kommenden vier Monaten sollen durch den Ankauf von britischen Staatspapieren 75 Mrd. Pfund zusätzliches Geld in Umlauf gebracht werden. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) hatte angekündigt, den Banken in der Schuldenkrise mit 40 Mrd. Euro unter die Arme zu greifen.
Doch vor einem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy am Sonntag gibt es offenbar Streit um die Hilfen für Europas Banken. Während Merkel bei einer Banken-Rekapitalisierung die EU-Länder selbst in der Pflicht sieht, befürwortet Sarkozy einen Einsatz des Euro-Rettungsfonds, wie EU-Diplomaten sagten. Die EU-Kommission will demnächst Vorschläge für einen abgestimmten Noteinsatz machen. Zuletzt wuchs die Sorge, dass die Banken in den Schuldenstrudel der Euro-Länder hineingerissen werden. Befürchtet wird, dass Banken durch wertlos gewordene Staatsanleihen in eine finanzielle Schieflage geraten. Merkel hatte sich deswegen wiederholt dafür ausgesprochen, die Banken mit Kapitalspritzen zu unterstützen. Wenn die Banken dies nicht selber schaffen, müssten die nationalen Regierungen das Problem lösen. Erst als letztes Mittel will Merkel den Rettungsfonds EFSF einsetzen. mit rtr/AFP
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