Jochen Kauper
Die Märkte übertreiben derzeit nach unten. Die Wirtschaft durchlebt aktuell eine Schwächephase. Für Hans A. Bernecker nach zwei Jahren Hochkonjunktur allerdings auch kein Wunder. Der Börsenaltmeister schließt einen Rückfall in eine Rezession aus, vielmehr umschreibt Bernecker die aktuelle Phase als Wachstumsdelle.
Im Hintergrundgespräch mit dem AKTIONÄR erklärt Hans A. Bernecker, wie er die aktuelle Entwicklung an den Finanzmärkten bewertet und worauf sich Anleger in den kommenden Wochen und Monaten einstellen müssen.
DER AKTIONÄR: Herr Bernecker, die Börsen preisen mittlerweile eine Rezession ein. Die US-Wirtschaftsindikatoren sind sicherlich schwach, ein erneuter Rückfall der Wirtschaft in eine Rezession ist aber noch nicht auszumachen. Übertreiben die Märkte nach unten?
Hans A. Bernecker: Die Märkte übertreiben sicherlich nach unten. Das ist sicherlich im Umfeld der Euro Diskussion sowie der Unsicherheit bezüglich der Obama-Politik verständlich. Für eine erneute Rezession gibt es derzeit keinen Anhaltspunkt. Eher ein Tempoverlust ist der Fall. Nach jeder Finanzkrise folgt ein abbremsen in der realen Wirtschaft. Ich nenne das eine Delle. Die USA sollten Ihre Delle eigentlich schon hinter sich haben. Europa steht diese noch bevor. Eine Delle ist nichts anderes als eine Wachstumspause nach zwei Jahren Wirtschaftsboom.
Wo sehen Sie das größte Problem derzeit, eher in den USA oder in Europa?
Europa ist sicherlich derzeit das größere Übel. Das Schlimmste ist sicherlich die Nervosität. Die empfindlichste Stelle der Wirtschaft ist und bleibt der Bankensektor. In einigen Ländern bestehen Liquiditätsprobleme und genau das schafft Unruhe. Es ist also eine Frage des Vertrauens. Darin steckt dann das Risiko, dass die Märkte nach unten übertreiben. Aber mit dem Rettungsfonds wurde jetzt ein wesentliches Risiko beseitigt. EFSF oder EZB wären in der Lage jede schwache Bank oder jedes Problem nicht zu lösen, aber zumindest aufzufangen.
Wie glauben Sie, werden die Amerikaner den Karren wieder aus dem Dreck ziehen?
Ich bin sehr besorgt darüber, dass es in den USA keinen Konsens zwischen dem Weißen Haus und der Wirtschaft gibt. Es hat noch nie einen Präsidenten in den USA gegen der erfolgreich gegen die Wirtschaft „Krieg" führen konnte. Die US- Wirtschaft lebt von einem sehr regen Kreditgeschäft der Banken. Derzeit liegen immense Summen auf deren Konten. Rund 22 Prozent des BIP. Das ist eine glatte Verweigerung gegenüber dem Präsidenten. Obama kann jedes Programm inszenieren, es wird wirkungslos bleiben, das ist aber ein politisches Problem.
Wie beurteilen Sie die derzeitige Vorgehensweise von Fed-Chef Ben Bernanke. Welche Möglichkeiten hat der Notenbankchef überhaupt noch?
Bernanke hat keine Optionen mehr. Er kann dem Markt sicherlich wieder Liquidität zur Verfügung stellen. Das hilft aber nur den Aktienkursen für drei oder vier Monate. Das Kernproblem Konjunktur bekommen wir damit aber nicht in den Griff.
Große Probleme gibt es derzeit in Europa. Kann man die Schuldenkrise Ihrer Meinung nach überhaupt noch in den Griff bekommen?
Zu jeder Schuldenkrise gehören Verlierer. In diesem Fall sind es die Anleihenbesitzer. Die Verluste die die Bondholder in kauf nehmen müssen, werden abzuschreiben sein. Wie jeder Bondholder damit umgeht, wird sich zeigen. Jede Krise dieser Art führt immer zu einem entsprechend hohen Verlust. Wenn diese in den Bilanzen eingerechnet beziehungsweise verbucht ist, dann ist die Sache erledigt. Alle Welt muss allerdings endlich akzeptieren, dass es so ist.
Zuletzt hat Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann sogar Öl ins Feuer gegossen. Ackermann meinte, dass viele Banken nur noch durch eine „kreative Buchführung" geschäftsfähig sind. „Müssten die Institute ihre Anleihebestände mit Marktpreisen bewerten, dann wäre diese pleite", so Ackermann. Wie bewerten Sie diese Aussage?
Es gibt Banken die nicht wertberichtigt, abgeschrieben oder verkauft haben. Heißt also, die Verluste wurden nicht offen gelegt. Das führt dazu, dass sie ihr Kapital aufstocken mussten. Vor allem die italienischen sowie die französischen Banken haben Ihre Bestände noch immer nicht so auf den Marktwert abgeschrieben, wie es eigentlich nötig wäre. Hier hat Frau Lagarde vom IWF sicherlich recht, dass einige Banken Liquidität benötigen. Allerdings bringt sie mit ihren Aussagen auch Banken in Misskredit, die nichts damit zu tun haben. Unter anderem die Deutsche Bank.
Das komplette Interview mit Hans A. Bernecker von Der Actienbörse lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von DER AKTIONÄR, die Sie hier bequem als E-Paper abrufen können.