Brokat AG - Kaufen
WKN:
522190 BROKAT INFOSYST.AGSVG WestLB Panmure 21.08.2000
Brokat AG
Wachstumsschub durch Expansion in die USA und M-Commerce
Einstufung: Kaufen
* Kommentar zu Q2 2000: Nettoverlust zu 50% nicht Cash flow-relevant
Die wichtigste Nachricht ist, dass die Umsatzzahlen sich mit unserer Vorhersage von 43,1 Mio DM decken. Allerdings hat der Verlust auf EBITDASO-Ebene unsere Vorhersage um 4,1 Mio DM überschritten (-14,6 Mio gegenüber -10,5 Mio DM). Wir betrachten diesen beträchtlichen Verlust als hinnehmbar, besonders in Hinblick auf die agressive internationale Expansion. Brokat ist im Begriff, eine bedeutende Chance im M-Commerce-Markt wahrzunehmen, was zu Marketing-Ausgaben geführt hat, die deutlich über unserer Vorhersage liegen. Dennoch gehen wir weiterhin von einem positiven EBITDASO-Ergebnis im Jahre 2001 aus. Bei Betrachtung des Nettoverlusts für Q2 in Höhe von 40,5 Mio DM sollte berücksichtigt werden, dass 20,2 Mio DM der enthaltenen Kosten nicht liquiditätswirksam sind (Aufwand für das Aktienoptionsprogramm für Mitarbeiter sowie Abschreibungen) und daher nicht relevant für den Aktienkurs sind.
* Strategischer Fit der Akquisitionen
Wir sind davon überzeugt, dass Brokat eine einzigartige Position als Anbieter von Lösungen in den Marktsegmenten E-Finance und M-Commerce besetzt. GemStone und Blaze Software bieten die Werkzeuge für die Personalisierung und die Servertechnologie für Anwendungen an, wodurch TWISTER zu einer höchst aktuellen Plattform wird, in der E-Finance und M-Commerce integriert sind. Durch die Fähigkeit, eine Internet Software-Infrastruktur nach dem neuesten Stand der Technik zusammen mit Frontend-Anwendungen anbieten zu können, erhält Brokat einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Anbietern reiner Integrationssoftware bzw. von Frontend-Anwendungen. Wir glauben, durch dieses Merkmal verdient das Unternehmen eine bessere Einstufung. Außerdem öffnen GemStone und Blaze die Tür zu den Vereinigten Staaten. Kein Software-Unternehmen kann eine zentrale Rolle im E-Commerce-Markt spielen, wenn es nicht über eine ausreichende US-Marktpräsenz einschließlich Forschung und Entwicklung vor Ort verfügt.
M-Commerce bietet bei einem Markt, der für 2002 auf 10 Mrd USD geschätzt wird, enorme Chancen. Wir sind davon überzeugt, dass Brokat mit seinem lösungsorientierten Ansatz Marktführer im Bereich M-Commerce sein wird. Das Unternehmen deckt hier jeden Aspekt der Wertschöpfungskette ab, d.h. vom mobilen Client über den Netzbetreiber bis zum Händler. Nach den jüngsten Erwerbungen des Unternehmens spiegelt die derzeitige Bewertung von Brokat nach unserer Meinung nicht vollständig die Möglichkeiten der TWISTER-Plattform für die Integration von Unternehmensanwendungen wider. Weder die führende Marktposition von Brokat im Bereich E-Finance, noch das immense Potential, das im M-Commerce-Markt steckt, sind im derzeitigen Kurs enthalten. Wir halten daher unsere Kaufempfehlung aufrecht und setzen ein Kursziel von 150 EUR für die nächsten zwölf Monate.
Brokat ist als Marktführer in den Bereichen E-Banking und E-Brokerage mit beeindruckenden 30-40% Marktanteil in Europa wohl bekannt, doch wie setzt das Unternehmen von hier aus seine Politik fort? Durch die Akquisitionen von GemStone und Blaze erhält die Erfolgsgeschichte von Brokat eine neue Dimension. Durch sie wird nicht nur die Funktionalität seiner Anwendungen erweitert (bessere Personalisierungskapazität und CRM von Blaze), sondern, was noch wichtiger ist, hat Brokat jetzt eine vollständig integrierte Plattform für E-Services, auf der Geschäftsregeln mit Hilfe eines branchenführenden Anwendungsservers (von GemStone) verarbeiten kann, der auf der neuesten Java-Spezifikation J2EE beruht. Die Verarbeitung von Geschäftsregeln und Transaktionen gilt als der heilige Gral der Enterprise Application Integration (EAI) und ist eine Vorbedingung für den Eintritt in den amerikanischen Markt. Nach einer Schätzung von IDC wird der Gesamtmarkt für EAI nach und nach die Anwendungsserver-Architektur favorisieren (vgl. die jüngste Studie über Software AG). Wenn man sich daran erinnert, daß TWISTER wichtige EAI-Funktionen enthält, wird bewusst, wie wichtig ein Anwendungsserver-Kern für Brokat war, und Brokat hat einen der besten Anwendungsserver gekauft, den es auf dem Markt gibt. GemStone ist die Nummer 8 im Weltmarkt für Anwendungsserver. Somit hat Brokat seine EAI-Plattform erfolgreich vervollständigt und ist nun einmalig positioniert. Warum? Seit seinen Akquisitionen bietet Brokat eine Lösung an, die es vorher eigentlich noch nie gegeben hat: branchenführende Frontend-Anwendungen für E-Banking, E-Brokerage und M-Commerce mit hochentwickelten Personalisierungsmöglichkeiten für Mehrkanalübertragungen und eine Infrastruktur bzw. EAI-Plattform, die auf dem neuesten Stand der Technik ist. Neben dem Effekt, dass Brokat sich in eine neue Plattformklasse katapultiert hat, sind die US-Akquisitionen eine wichtige Startbasis für den amerikanischen Markt. Da TWISTER jetzt in einer J2EE-konformen Version angeboten wird, ist die Plattform gleichzeitig offener und zu einem interessanten Werkzeug für die große Entwicklergemeinde in den USA geworden. Diese amerikanischen Kunden haben Brokat bisher noch nicht als ernstzunehmende EAI-Plattform wahrgenommen und werden ihre Einstellung jetzt überdenken müssen, da TWISTER einen branchenführenden Anwendungsserver integriert, der noch dazu aus den USA stammt.
Die von Blaze übernommenen Werkzeuge für die Personalisierung sind ausgezeichnete Add-On Produkte für die bestehende CRM-Plattform. Mit ihnen können Benutzer der Frontend-Anwendungen von TWISTER ihre Programme personalisieren. Das wird besonders wichtig im Bereich des M-Commerce sein, wo eine Personalisierung die durch die Anwendungen generierte Kundenbindung verstärkt. Letztlich wird dies auch von großer Bedeutung für diejenigen Netzbetreiber sein, die riesige Summen für die neuen UMTS-Lizenzen gezahlt haben.
Neben der Tatsache, dass die Technologien zueinander passen, werden Blaze und GemStone die US-Präsenz von Brokat erheblich steigern. Unter Zugrundelegung der Proforma-Zahlen hätte Brokat 46% seiner Umsätze in den USA und nur 25% in Deutschland generiert. Das steht im scharfen Kontrast zu dem 1999 in Deutschland erzielten Umsatz, der 85% der Gesamtumsätze ausgemacht hat. Brokat hat eine sehr detaillierte Einschätzung der potentiellen Synergien bei Einzelprodukten und bei den Kosten vorgelegt. Im ersten Fall entstehen Synergien, weil das Unternehmen die Möglichkeit haben wird, die TWISTER-Plattform auch an die bestehende Kundschaft von Blaze und GemStone zu verkaufen. Darüber hinaus werden durch die umfangreichen Leistungsmerkmale des neuen TWISTER-Produkts bei allen drei Unternehmen zusätzliche Umsätze generiert, da der neue, integrierte TWISTER mehr wert ist als die Summe seiner (nicht integrierten) Einzelteile. Synergien auf der Kostenseite entstehen bei den Kosten für Allgemeines & Verwaltung, für den Vertrieb und für das Marketing. Diese Synergien entstehen hauptsächlich durch Konsolidierung des US-Vertriebs, Optimierung von Verwaltungsfunktionen und verringerte Marketing-Kosten bei Blaze und GemStone. Über den Synergieaspekt hinaus wird Brokat seine Rohertragsmarge erhöhen können, weil Blaze und GemStone reinere Software-Firmen sind als die „alte“ Brokat AG. 1999 lag die Rohertragsmarge auf Proforma-Basis bei 59,4% gegenüber 53,3% für Brokat allein. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der bedeutende Cash-Zufluß von 128 Mio DM, den Blaze in das fusionierte Unternehmen einbringt. Dadurch und durch die Anleihe über 250 Mio DM, die in H1 2000 ausgegeben wurde, wird Brokat in der Lage sein, das interne Wachstum zu finanzieren, bis das Unternehmen einen positiven Cash flow generieren kann.
Auf dem Analystentreffen hat Brokat seine M-Commerce-Strategie enthüllt. Das Unternehmen nimmt schon jetzt in diesem Bereich eine führende Position ein. Das ist teilweise auf den Kooperationsvertrag mit Nokia für den WAP-Gateway zurückzuführen, liegt aber hauptsächlich an der Gründung des MeSign-Konsortiums durch Brokat. Dieses Konsortium hat sich zum Ziel gesetzt, eine mobile elektronische Signatur zu implementieren. Das wird ein Schlüsselelement für den Erfolg gegenüber den Betreibern von Telekommunikationsnetzen sein, da die MeSign-Mitglieder die Brokat API für die mobile elektronische Signatur in ihre Plattformen integrieren müssen. Letztendlich möchte Brokat sich als Lösungsanbieter für M-Commerce positionieren. Die Architektur ist bereits vorhanden. Brokat bietet auf der Netzbetreiberseite den sicheren Zahlungsverkehr (X-Pay) und die Infrastruktur (TWISTER) an. Auf der Seite des mobilen Clients werden die Thin Client-Technologie sowie Anwendungen angeboten (WAP-Gateway, SMS-Gate-way, X-Pay-Wallet, elektronische Rechnungslegung), die auf seiner Plattform ausgeführt werden. Noch einmal: Brokat wird eine einzigartige Position erringen, indem es eine umfassende Lösung für die Implementierung von M Commerce anbieten kann und gleichzeitig die allerneueste Internet-Infrastruktur inklusive Front-end-
Anwendungen bereits fertig vorliegen hat. Das Unternehmen schätzt seinen Entwicklungsvorsprung auf neun Monate ein. Was sind die möglichen Umsätze im M-Commerce? Dieser Bereich bietet große Chancen. Man geht davon aus, dass der Markt sich in den nächsten Monaten schnell entwickeln und bis 2002 etwa 10 Mrd USD an Umsätzen generieren wird. Brokat unterteilt den Markt in drei Schichten: erstens große Abschlüsse über potenziell 5-10 Mio USD aus Lizenzvereinbarungen mit Netzbetreibern; zweitens Abschlüsse mit geringerem Umfang über potenziell 1-2 Mio USD aus bestehender Kundschaft und drittens das untere Ende des Marktes.
Dieser Bereich soll sich in 1-2 Jahren entwickeln, und zwar als Folge einer Sogwirkung durch die großen Netzbetreiber, die (dann) danach streben werden, daß kleinere Unternehmen die Module der TWISTER-Plattform einsetzen (z.B. Sicherheit, Zahlungsverkehr usw.), damit eine ungebrochene M-Commerce-Kette vom mobilen Client über den Netzbetreiber bis hin zum jeweiligen Handelsunternehmen entstehen kann. Wir sind aus zwei Gründen optimistisch, was die M-Commerce Strategie von Brokat angeht: Erstens bietet Brokat eine Lösung an und nicht nur einige Technologie Komponenten, und zweitens hat der CEO uns bestätigt, dass das Unternehmen bis zum Jahresende einen Vertrag mit einem Netzbetreiber unterzeichnen wird. Wir glauben, dass dies der Beginn der M-Commerce-Erfolgsgeschichte von Brokat sein wird.
Wir haben aus dem Analystentreffen mit dem Unternehmen den Eindruck gewonnen, dass Brokat eine möglicherweise sehr bedeutsame Marktchance wahrnimmt, nämlich die für den M-Commerce-Markt. Brokat wird sich zusammen mit dem M-Commerce-Potential weiterentwickeln und verfügt über eine solide Basis, um eine führende Position in diesem Marktsegment zu übernehmen, genauso wie das Unternehmen die Chancen im Markt für E-Banking und E-Brokerage ergriffen hat. Das Unternehmen geht davon aus, dass eine Notierung an der Nasdaq im Oktober dieses Jahres stattfinden wird. Wir sind zuversichtlich, dass diese Notierung dem Unternehmen eine positive öffentliche Wahrnehmung in den USA verschaffen und bald dazu führen wird, dass Brokat als deutsches Software-Unternehmen mit einem sehr starken Standbein in den USA angesehen wird, anstatt nur ein starker Regionalspieler in Europa zu sein. Die US-Präsenz ist aus zwei Gründen wichtig: zum einen ist dort der größte Markt, den das Unternehmen angehen kann, und zum anderen braucht Brokat das US-Standbein, um mit der Technologie Schritt halten zu können, insbesondere was die Integrationstechnologie angeht, die hauptsächlich aus den USA kommt. Wir sind sehr zuversichtlich, daß Brokat sein Kapital nicht weiter erhöhen muß, es sei denn, eine sehr große Akquisition wird vorgenommen. Durch den Cash-Zufluß von Blaze und der bestehenden Cash-Position bei Brokat kann das Unternehmen sein internes Wachstum finanzieren, bis ein positiver Cash flow zustande kommt. Das wird Anleger beruhigen, die es einfach nicht mögen, wenn Firmen sehr viel Liquidität verbrauchen, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Kaptitalerhöhung wächst. Brokat ist heute solide finanziert, so dass diese Besorgnisse nicht gerechtfertigt sind.
Wir bewerten Brokat in Hinblick auf Marktkapitalisierung / Umsatz bezogen auf das Wachstum. BEA Systems und IONA sind nach unserer Meinung gute Vergleichspunkte für die EAI-Plattform TWISTER. BEA Systems hat leistungsstarke Middleware wie TUXEDO, und sein Anwendungsserver WebLogic und gilt nach SUN als die Nummer 2 auf dem Weltmarkt für Anwendungsserver; auf dem Markt für Middleware ist das Unternehmen die stolze Nummer 2 hinter IBM. BEA Systems ist jedoch ganz auf Integration eingestellt und hat keine Möglichkeiten für Frontend-Anwendungen. IONA ist sehr gut mit Brokat vergleichbar, weil die vom Unternehmen angebotene iPortal Suite eine Integrationsplattform wie TWISTER ist, die auf CORBA IIOP basiert. IONA ist weltweit die Nummer 4 im Middleware-Markt. Wir glauben zwar nicht, dass Brokat einen Bewertungsaufschlag wie den von BEA Systems verdient. Andererseits ist Brokat nach unserer Meinung besser positioniert als IONA, hauptsächlich aufgrund der zusätzlichen Front-end- Anwendungen und der starken Marktposition im Bereich des E-Finance.
BEA Systems wird mit dem 22-fachen der Umsätze für das Jahr 2001 gehandelt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Unternehmen eine Wachstumsrate von 60% hat (CAGR 1999-2001e), dann ist seine Kennzahl für Marktkapitalisierung / Umsatz bezogen auf das Wachstum 0,36. IONA wird mit dem 9,5-fachen der Umsätze gehandelt. Das Unternehmen wächst von 1999 bis 2001e mit einer CAGR von 34%. Somit liegt die Kennzahl für Markkapitalisierung / Umsatz bezogen auf das Wachstum für IONA bei 0,28. Brokat wird mit dem 11,6-fachen der Umsätze für 2001 gehandelt. Jedoch hat das Unternehmen ein viel stärkeres Wachstum. Wir gehen davon aus, dass Brokat zwischen 1999 und 2001e mit einer CAGR von 117% wachsen wird. Unter Ausschluss von Akquisitionen liegt unsere Wachstumsprognose bei 80%. Wenn wir unsere Annahme zugrundelegen, dass 0,28 als Kennzahl für Markkapitalisierung / Umsatz bezogen auf das Wachstum von IONA das untere Ende der Bewertung von Brokat darstellt, kommen wir zum Ergebnis, dass das 21-fache von Marktkapitalisierung / Umsatz für 2001 ein fairer Wert ist. Sogar dann würde Brokat immer noch mit einem absoluten und relativen Abschlag gegenüber BEA Systems gehandelt werden. Unser Ziel-Vielfaches von 21x2001-Umsätze ergibt eine Marktkapitalisierung von ca.4,9 Mrd EUR über den Zeitraum von 12 Monaten. Unter Berücksichtigung der größeren Anzahl von Aktien nach dem Kauf von Blaze und Gem-Stone sehen wir einen Kurs von 140 EUR als absolut untere Grenze der Bewertung. Wir sind jedoch der Meinung, dass Brokat bereits bis zum Ende dieses Jahres damit beginnen wird, M-Commerce-Kunden zu gewinnen. Ausgehend davon, dass das Unternehmen nur vier größere Abschlüsse im Jahr 2001 benötigt, um etwa 10% seines Umsatzes aus M-Commerce zu generieren, halten wir 140 EUR für ein konservatives Kursziel. Wir bewerten die Umsätze aus M-Commerce für 2001 mit einem Vielfachen von 30, was im Einklang mit 724 Solutions steht, einem kanadischen Unternehmen, das personalisierte und sichere M-Commerce-Services anbietet, die denen von Brokat ähneln. Wir kommen daher zu einem fairen Wert von 150 EUR je Aktie, den wir als Kursziel für Brokat über 12 Monate festlegen.