Unter den unzähligen Übeln, welche den Zerfall ganzer Staaten herbeiführen, sind wohl vier als die vornehmlichsten anzusehen:
innere Zwietracht, große Sterblichkeit, Unfruchtbarkeit des Bodens und die Verschlechterung der Münze.
Die ersten drei liegen so klar zutage, dass sie schwerlich irgendjemand in Abrede stellen wird. Das vierte Übel jedoch, welches von der Münze ausgeht, wird nur von wenigen beachtet, und nur von solchen, welche ernster nachdenken, weil die Staaten allerdings nicht beim ersten Anlauf, sondern ganz allmählich und gleichsam auf unsichtbare Weise dem Untergang anheimfallen.
Das perfide Ziel der Inflationierung wurde in der Antike noch durch die Verringerung des Edelmetallgehaltes oder des Münzgewichtes erreicht. So sank das Gewicht des Aureus, der größten römischen Münze, von 10,5 Gramm (ca. 20 v. Chr.) auf 0,77 Gramm (260 n. Chr.). Auch der Silbergehalt des Denarius wurde sukzessive verringert, um »Brot und Spiele«, den übergroßen Bürokratie-Apparat und die steigenden Militärausgaben zu finanzieren.
Im ersten Jahrhundert v. Chr. lag der Silberanteil noch bei knapp 95 %, 286 n. Chr. bestand der Denarius nur noch zu 0,02 % aus Silber. Das antike Rom florierte in Zeiten niedriger Steuern. Im Laufe der Zeit begannen die Herrscher jedoch, sich das Wohlwollen der Bürger durch Zuwendungen zu sichern. Nach und nach unterminierten überbordende Verwaltung, zunehmende Überregulierung und steigende Steuern den Staatshaushalt. Der Höhepunkt der römischen Inflation fand im 3. Jahrhundert statt, als Rom immer mehr zu einem Wohlfahrtsstaat wurde.
Als Rom etwa eine Million Einwohner hatte, wurde an 300.000 Bürger gratis Weizen und später Brot verteilt. Besonders Diokletian (284–305 n. Chr) wusste Inflation für seine Zwecke zu nutzen. Er erhöhte die Geldmenge massiv, verringerte den Edelmetallgehalt der Münzen, gab Bronze- und reine Kupfermünzen aus. Steuern wurden erhöht, um das Militär zu finanzieren, das die Grenzen vor den »Barbaren« sichern sollte. Im Jahr 301 erließ Diokletian schließlich sein berühmt-berüchtigtes Preisedikt und fixierte so die Preise für Dienstleistungen und Waren (ganz ähnlich wie unlängst in Venezuela und Argentinien).
Wer dagegen verstieß und Waren über dem fixierten Preis verkaufte oder keine Waren mehr anbot, wurde mit dem Tode bestraft. Diokletians Glaube, dass Spekulanten und das Horten der Waren für die Inflation maßgeblich waren, erwies sich naturgemäß als falsch. Die drakonischen Strafen hatten wenig Erfolg, da die tatsächlichen Ursachen der Teuerung nicht bekämpft wurden. Dies mündete in der ersten dokumentierten Hyperinflation.
Kostete ein Pfund Gold im Jahr 301 noch 50.000 Denarii, so waren es 50 Jahre später 2,12 Milliarden Denarii – eine Steigerung um den Faktor 42.000. Die Teuerung – gemessen am Preis für ägyptischen Weizen – stieg innerhalb eines Jahrhunderts auf 15.000 Prozent!
Das Beispiel vom Untergang des Römischen Reiches zeigt eindrucksvoll, wie zunehmende Bürokratie und Fehlallokation von Ressourcen zu Inflation und letztendlich zum Kollaps führen.