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Hast Du mal geguckt, welche Produktionskapazität die Russen haben? 1,5 Mio. Dosen pro Jahr! Bei der erforderlichen Zwefachimpfung brauchen die knapp 20 Jahre, um die eigene Bevölkerung bis Richtung Herdenimmunität durchgeimpft zu haben.
Hier ein review:
https://blogs.sciencemag.org/pipeline/archives/...the-russian-vaccine
"Many will have heard Russias announcement that they have approved a coronavirus vaccine. Ive already had several people ask me what I think of it, so let me be clear: I think its a ridiculous publicity stunt."
Technisch machen die Russen gar nicht so viel falsch: Sie setzen auf einen vektorbasierten Impfstoff, d.h. sie "pfropfen" etwas Corona-RNA auf einen "normalerweise" harmlosen Virus auf. Der gleiche Ansatz wird von Oxford/AstraZeneca, SinoPharm und Johnson & Johnson verfolgt. Auch wenn z.Z. nicht bekannt ist, welchen Teil der SARS-CoV2-RNA die Russen "aufpfropfen", haben Oxford/AZ und SinoPharm in Phase 1/2-Studien ja schon gezeigt, dass der Ansatz einigermaßen gut funktionieren kann.
Ich sage "einigermaßen", denn es gibt einige grundsätzliche Fragezeichen/ Schwächen von Vektorimpfstoffen:
1.) Es sind genmanipulierte Organismen (GMO) im Sinne der EU-Richtlinien, mit entsprechend höheren Anforderungen an Zulassung, Kennzeichnung etc. als z.B. RNA-Impfstoffe. Letztere sind zwar auch gentechnisch erzeugt, leben jedoch nicht und sind daher auch keine Organismen.
2.) Der Vektorvirus selbst muss immer noch mit konventionellen Methoden hergestellt/ vervielfältigt werden. Typischerweise ist dies die Infektion von Hühnerembryos (angebrütete Eier), und nachfolgend Extraktion/ Reinigung der Viren aus dem Blutplasma der Embryos. Langwierig, teuer, und mit begrenzter Kapazität (siehe Versorgungsprobleme für Grippe-Imfstoffe). Alleine die Beschaffung einer ausreichenden Anzahl von Hühnereiern, um die 12 Mrd. global benöigten Corona-Impfstoffdosen herzustellen, ist schon eine massive Herausforderung. Von daher rangieren (Ausnahme AZ) bei den Kapazitäten die meisten potentiellen Hersteller von vektorbasierten Impfstoffen am unteren Ende des Wettbewerbs.
Dazu kommen dann die bekannten Verträglichkeitsprobleme (Hühnereiweiss-Allergie etc.), recht hohes Verunreinigungsrisiko, hohe Anforderungen an die Lieferkette (Kühlung etc.); und die Technik dürfte nicht nur bei Impfgegnern, sondern auch bei z.B. Allergikern, Veganern, Tierschützern oder Abtreibungsgegnern kaum Begeisterung auslösen.
3. Auch wenn der Vektor "normalerweise" harmlos ist, ist er immer noch aktiv, und mag bei bestimmten Bevölkerungsgruppen eine nicht ganz so "harmlose" Erkrankung auslösen. Hinzu kommt, dass es schwierig ist, im klinischen Versuch zu trennen, welche Reaktionen durch den Vektor, und welche durch den eigentlich gelieferten Impfstoff bewirkt wurden. Dies betrifft v.a. T-Zellen-Reaktionen, die ja scheinbar das entscheidende Kriterium für die Langzeitwirkung einer Corona-Impfung sind.
4. Der menschliche Körper baut letztlich nicht nur gewünschte Immunität gegen das eigentiche Impfziel, sondern auch gegen den Vektor auf. Das heisst zunächst grundsätzlich, dass der selbe Vektor maximal zweimal pro Mensch verwendet werden kann. Bei eine Corona-Zweifachimpfung wars das also. Jedwede Auffrischung braucht einen neuen Vektor.
Hinzu kommt, dass ein Teil der Impfkandidaten bereits aus Vorerkrankungen Resistenz gegen den Vektor entwickelt haben mag, und ihn schon eliminiert, bevor er die Impfung überhaupt liefern kann. Dies ist SInoVac mit ihrem Ad5-Adenovirus als Vektor bereits passiert - der schlug bei etwa 40% der Phase1-Kandidaten gar nicht an. Der Ad5-Adenovirus gehört zu den typischen Verbreitern einer leichten Erkältung, und ca. 40-50% der Bevölkerung der Industriestaaten, und bis 80% der Schwarzafrikaner gelten als immun gegen ihn. J&J setzt daher auf den weniger weit verbreiteten (aber auch weiniger gut in seiner Wirkung auf Menschen erforschten) Ad26-Virus, Oxford arbeitet mit einem Schimpansen-Adenovirus.
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/...s-plattform-118262/seite/2/
Zurück zu den Russen: Deren Ansatz ist eigentlich ganz clever - sie teilen nämlich ihre Zweifach-Impfung auf zwei Vektoren (AD5 und AD26) auf, und minimieren damit das Risiko einer bestehenden Vorimmunität gegen den Vektor. Aber von einer generellen Genehmigungsfähigkeit sind sie natürlich noch lange entfernt:
a.) Die Verträglichkeit von Ad26-Vektoren ist bislang nicht ausreichend erforscht. J&J führt dazu seit Sommer 2018 eine klinische Studie durch, die eigentlich bis Anfang 2022 laufen sollte, aber vermutlich verkürzt wird. Die Russen müssten eigentlich das Gleiche tun, und das wird seine Zeit brauchen.
b.) Selbst wenn man annimmt, dass all solche Bedenken (die ja vermutlich ebenfalls für den von Oxford verwendete Schimpansen-Adenovirus gelten) beiseite gewischt werden - eine Phase-3 Studie benötigt mindestens 6 Wochen von Erstimpfung bis zur letzten Blutabnahme, und dazu noch mal einigen Vorlauf für Kandidatenrekrutierung/ -registrierung, plus 1-2 Wochen für Datenaufbereitung/ Analyse/ Präsentation. Kürzer geht es nicht - politischen Druck hin oder her. Also mindestens knapp 3 Monate, die die Russen noch vor sich haben.
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