SARS-CoV-2: T-Zell-Immunität spielt wichtige Rolle für Virusabwehr
Forschungsgruppe untersucht Immunantwort in Blutproben COVID-19- Erkrankter und Genesener
Wie schwer wir nach einer Infektion mit SARS-Cov-2 tatsächlich an COVID-19 erkranken,
hängt von unserem Immunsystem ab. Maßgeblich beteiligt sind dabei Antikörper, die als
sogenannte humorale Immunantwort das Eindringen der Viren in die Zelle verhindern sollen.
Die Konzentration dieser Eiweißverbindungen nimmt mit der Zeit ab vor allem bei Patientinnen
und Patienten, die nur einen milden Krankheitsverlauf hatten. Doch unser Immunsystem kennt
noch einen anderen Weg zur Virusbekämpfung: die zelluläre Immunantwort mit Hilfe von T-Lymphozyten.
Sie gehören zu den weißen Blutkörperchen und spüren vom Virus befallene Zellen auf, um sie zu
zerstören und so eine weitere Virusausbreitung im Körper zu verhindern. Ein Forschungsteam unter
der Leitung von Professor Dr. Rainer Blasczyk, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin und
Transplantat Engineering der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), und Professorin
Dr. Britta Eiz-Vesper hat genau diesen Aspekt der Virusabwehr untersucht und nachgewiesen,
dass die T-Zell-Immunität eine wichtige Rolle für einen dauerhaften Schutz gegen SARS-CoV-2 spielt.
Die Studie in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Essen ist jetzt in der
renommierten Fachzeitschrift Immunity veröffentlicht worden. Erstautorin ist Dr. Agnes Bonifacius.
Konzentration der Immunzellen bleibt weitgehend stabil
Bislang fehlten Daten zur zellulären Immunität gegen SARS-CoV-2 während der Krankheit und darüber
hinaus, sagt Professor Blasczyk. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben daher Blutproben
von COVID-19-Genesenen mit denen von akut Erkrankten und gesunden, nicht-infizierten
(SARS-CoV-2-seronegativen) Kontrollgruppen analysiert und sowohl den Antikörperspiegel als auch die
Konzentration der T-Lymphozyten verglichen. Dabei stellten sie fest, dass Genesene zwar nicht mehr so
viele Antikörper im Blut hatten wie unmittelbar Erkrankte. Jedoch konnten die Wissenschaftler bei ihnen
eine hohe Anzahl auf SARS-CoV-2 spezialisierte T-Effektor-Gedächtniszellen nachweisen. Die erkennen
nicht nur das krönchenartige Spike-Protein, sondern auch weitere Strukturen der Virusoberfläche. Als
immunologisches Gedächtnis verbessern sie zudem den Schutz bei erneuter Infektion mit demselben
Erreger. Offenbar bleibt die T-Zell-Immunität nach COVID-19 unverändert erhalten, obwohl die
Antikörper-Konzentration stark sinkt, stellt der Transfusionsmediziner fest.
Früherer Kontakt mit harmlosen Coronaviren schützt
Auch der Kontakt mit anderen Mitgliedern der Coronavirus-Familie, die etwa harmlose grippale Infekte
auslösen, wirkt sich offenbar günstig auf die SARS-CoV-2-Abwehr aus. Eine bestehende Immunität
gegen solche endemischen Coronaviren hat einen positiven Effekt auf die Entwicklung einer T-Zell-Immunität
gegen SARS-CoV-2 und damit vermutlich auch auf den Verlauf von COVID-19, erklärt Professorin
Eiz-Vesper. Besonders interessant sei diese Kreuzimmunität in Hinblick auf Virusmutationen. Wenn
es schon gegen ein weitläufiger verwandtes Coronavirus hilft, könnte der Effekt bei den untereinander
viel ähnlicheren SARS-CoV-2-Varianten noch deutlich größer sein, vermutet die Wissenschaftlerin.
In einer nächsten Studie soll diese Frage nun geklärt werden. Außerdem wollen die Wissenschaftler
untersuchen, ob T-Zellen auch therapeutisch für bestimmte mittelschwer an COVID-19 erkrankte
Patientinnen und Patienteneingesetzt werden könnten. Ähnlich wie die Behandlung mit dem Blutplasma
Genesener, bei der die Gabe von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 schwere Krankheitsverläufe verhindern
soll, könnten auch gespendete T-Zellen gegen COVID-19 helfen. Bei bestimmten Patienten sehen wir
einen Mangel an eigenen T-Zellen oder beobachten, dass die Abwehrzellen weniger aktiv sind, erklärt
die Immunologin. Die Ergebnisse könnten dann nicht nur helfen, Krankheitsverläufe besser vorherzusagen,
sondern auch zu erfolgreicheren Impfstrategien führen.
Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Essen, dem Deutschen Zentrum
für Infektionsforschung (DZIF), dem Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin (CiiM), der
MHH-Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, der MHH-Klinik für Pneumologie,
der MHH-Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, der MHH-Klinik für Pädiatrische Hämatologie
und Onkologie sowie dem Gesundheitsamt Hannover.
idw-online.de/en/news764495