Chinas größter Immobilienkonzern sendet Schockwellen aus
Rund 70 Prozent weniger Gewinn im ersten Halbjahr, die Kursverluste an der Börse fast genauso hoch. Mit Country Garden erwischt die Immobilienkrise in China jetzt einen Konzern, der lange Zeit noch als halbwegs sicher und gesund galt.
Neue Alarmzeichen vom chinesischen Immobilienmarkt: Country Garden galt einst als das sicherste Immobilienunternehmen Chinas, jetzt hat der Konzern mit Sitz in Foshan in der südchinesischen Provinz Guangdong vor einem massiven Gewinneinbruch von rund 70 Prozent gewarnt. Der nach Umsatz größte Immobilienentwickler des Landes erwartet in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nunmehr etwa 4,5 Milliarden Yuan (652 Millionen Euro) Gewinn nach 15,2 Milliarden Yuan im Vorjahr, erklärte das Unternehmen in der Nacht zu Donnerstag.
Der Immobilienriese begründete den Gewinnrückgang mit einem Marktabschwung, behördlichen Beschränkungen während der Pandemie, die die Fertigstellung und den Verkauf von Wohnimmobilien bremsten sowie mit Währungsverlusten. Die in Hongkong notierten Aktien des Bauträgers rutschten am Donnerstag um weitere 5,6 Prozent ab, seit Jahresbeginn haben sie rund zwei Drittel ihres Wertes verloren.
Country Garden zählt sei sechs Jahren zu den von Fortune gelisteten 500 umsatzstärksten Unternehmen weltweit und belegt in diesem Jahr Platz 138 in dem Ranking. Seit der flächendeckenden Immobilienkrise in China läuft es aber auch für den Konzern nicht mehr rund. Analysten von Fitch hatten am Dienstag die Bonität des Unternehmens auf Junk-Status herabgestuft, womit Country Garden sein letztes Investment-Grade-Rating verlor.
Im Gegensatz zu einer wachsenden Zahl hoch verschuldeter Konkurrenten wie etwa Evergrande war Country Garden mit Zinszahlungen bislang nicht in Verzug geraten, berichtet die "Financial Times". Ein Grund dafür ist, dass es dem Bauträger und Entwickler in der Vergangenheit noch gelang, sich über Offshore-Anleihemärkte hinreichend zu refinanzieren. Doch die meisten Anleihen des Unternehmens notieren mittlerweile unter 35 Cents je Dollar, nachdem einige zu Beginn des Jahres nahe dem Nennwert gehandelt wurden, so Bloomberg.
Ein weiteres Warnzeichen: Um seine Liquidität zu stärken und Schulden zu tilgen, verkaufte Country Garden Ende Juli Aktien mit einem Abschlag von rund 13 Prozent. Für Experten ist das ein Indiz, dass selbst die gesündesten Bauträger Chinas zusehends in Not geraten.
Wettbewerber von Country Garden sind in der Vergangenheit finanziell reihenweise in Bedrängnis geraten, weil zehntausende chinesische Hauskäufer nicht mehr bereit sind, ihre Hypothekenkredite für unfertige Wohnungen weiter zu bedienen. Durch den Zahlungsboykott wandert das Risiko zu den Banken. Viele regionale Banken in China sind in dem Immobiliensektor engagiert und bekommen vereinzelt nun erhebliche Probleme. So verwehren seit Monaten mehrere Institute hunderttausenden Kunden den Zugang zu ihren Bankeinlagen, was zuletzt auch zu gewalttätigen Demonstrationen führte.
Country Garden ist im Gegensatz zu großen Konkurrenten überwiegend in den unteren Marktsegmenten des chinesischen Immobilienmarktes tätig und bekommt bei nachlassender Konjunktur sofort die schwächere Nachfrage zu spüren. Rund 80 Prozent der Immobilien von Country Garden befinden sich in den sogenannten Tier-3- und Tier-4-Städten. Hier wirbt der Bauträger um Wanderarbeiter, die bezahlbare Wohnungen in der Nähe ihrer Heimatstädte suchen.
Preise fallen seit elf Monaten, Hausverkäufe rückläufig
Die Hausverkäufe in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sind seit mehr als einem Jahr rückläufig, und die Preise sind elf Monate in Folge gesunken. Viele Projekte liegen auf Eis, immer mehr nicht zu Ende gebaute Wohnblocks werden in chinesischen Städten sichtbar.
Der Markteinbruch könnte auch bei anderen Unternehmen zu Gewinneinbußen führen, sagen Analysten den Berichten zufolge. Shujin Chen von Jefferies Financial erwartet, dass weitere private Bauträger aufgrund der schwachen Verkaufszahlen im ersten Halbjahr Gewinnrückgänge von 25 Prozent und mehr ausweisen müssen. Alicia García Herrero, Chefvolkswirtin für den asiatisch-pazifischen Raum bei der französischen Investmentbank Natixis, erwartet einen weiteren Preisverfall im Zuge nachlassender Nachfrage, der auch Country Garden belasten werde. "Jetzt kann selbst Country Garden im Grunde nicht mehr mit dem Vorverkauf neuer Projekte fortfahren, denn die Gefahr einer Ansteckung ist extrem.
Link dazu:
www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/...fbf9412c0a045f54e4a