"American Depository Receipts (ADR)
Aktuell sind rund 250 chinesische Unternehmen als ADRs an US-Börsen gelistet, mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt über zwei Billionen Dollar. Auch ADRs sind nur eine indirekte Beteiligung an den Unternehmen. Und die US-Regierung hat bereits unter Donald Trump die Regeln verschärft. So müssen ADRs künftig die Standards und Vorgaben der US-Börsen für gelistete Unternehmen erfüllen und damit ihre Bücher gegenüber US-Behörden offenlegen. Tun sie dies nicht, werden sie von der Börse verbannt.
Für die chinesischen Firmen ein Problem, denn China untersagt ihnen, ihre Bücher gegenüber ausländischen Behörden, und vor allem den USA, offenzulegen. Daher könnte es nach einer Übergangsfrist, die noch zwei Jahre läuft, zu einem Delisting von einigen oder im Extremfall allen China-ADRs an den US-Börsen kommen, sofern sich die politischen Kontrahenten nicht auf eine Kompromisslösung einigen können.
Sobald ein Delisting erfolgt ist, besteht kaum noch eine Möglichkeit die ADRs zu verkaufen und sein Geld zurückzubekommen. Daher leiden ihre Kurse bereits im Vorfeld erheblich. Das Beispiel von China Mobile ist dabei die Blaupause.
Anfang des Jahres wurden aufgrund einer Executive Order des damals noch amtierenden Noch-Präsidenten Donald Trump die Aktien von China Mobile von der New York Stock Exchange genommen. Während institutionelle Investoren ihre US-ADRs in Hongkong-gelistete Aktien konvertieren konnten, wurde US-Privatanlegern diese Möglichkeit nicht geboten und sie verbuchen hohe Verluste.
Daher ziehen immer mehr China-Unternehmen mit US-ADRs Listings an der Hongkonger Börse in Betracht bzw. haben ein solches bereits vorgenommen. Am Freitag meldete sich nun die US-Wertpapieraufsicht SEC in Person ihres CEOs Gary Gensler zu Wort. Gensler erklärte, dass chinesische Firmen sich bis auf weiteres nicht mehr für ein IPO in den USA registrieren können. Sie sollen abwarten bis sie von der SEC entsprechende Vorgaben hinsichtlich Risiko-Disclosures erhalten. Ob der Registrierungsprozess irgendwann wieder aufgenommen werden kann, ist fraglich.
Bereits notierte ADRs werden aber von dieser Regelung vorläufig nicht tangiert.
Gensler begründete diesen Schritt mit dem Hinweis, dass viele US-Anleger nicht wissen würden, dass sie mit dem Kauf von ADRs nur in Mantelfirmen ("shell companies") investieren und nicht direkt in die Firmen.
Gensler bezieht sich dabei auf die so genannten Variable Interest Entity-Struktur dieser Firmen.
Variable Interest Entities (VIE)
Diese VIEs sind außerhalb Chinas registrierte Offshore-Vehikel, die sich im Privatbesitz chinesischer Staatsbürger befinden und deshalb Anteile an chinesischen Firmen halten dürfen. Ausländische Investoren können wiederum Anteile der VIEs halten und investieren somit indirekt in die zugrundeliegenden chinesischen Aktien.
Das bringt einige Probleme mit sich. China hat diese Struktur niemals offiziell anerkannt oder gar abgesegnet. Der Härtetest, wie die Eigentumsrechte in einem Konfliktfall behandelt werden, steht noch aus. Ein Worst Case-Szenario wäre, dass China einfach "dicht" macht und die Anleger in die Röhre schauen. Das dürfte so nicht passieren, weil dann US-Anleger in großem Stil geschädigt würden und China mit heftigen Vergeltungsreaktionen der USA rechnen müsste.
Allerdings hat China bereits angekündigt, man werde künftig genauer hinschauen, wie diese VIEs genau aufgebaut sind und zwar speziell im Hinblick auf den Faktor Datenschutz und damit die Frage, ob Daten von chinesischen Bürgern (z.B. Bewegungsdaten wie sie die Ride Hailing-App Didi ja aufzeichnet, deren Muttergesellschaft Didi Global vor kurzem via IPO an die New York Stock Exchange gegangen ist) in "falsche Hände" geraten könnten. Entsprechend wurden kurz nach dem IPO gegen Didi Untersuchungen eingeleitet. Die App wurde vorübergehend aus den App Stores verbannt und es können somit vorläufig auf diesem Weg keine Neukunden mehr akquiriert werden. Der Aktienkurs gab deutlich nach.
Konfliktpotenzial hat auch folgendes: Die chinesische Börsenaufsicht schreibt vor, dass die Prüfungsberichte der an ausländischen Börsen kotierten chinesischen Firmen auf dem Festland hinterlegt sein müssen und nicht von fremden Regulatoren eingesehen werden können. Man bekommt lediglich die Zahlen aus den VIEs zu Gesicht. Und muss darauf vertrauen, dass diese korrekt sind. Genau das will die USA aber ändern."
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