... außer man ist Verbandspräsident der Lugenfachärzte und will nicht einen Teil der Mitglieder verprellen, weil man ihnen mit einer angemessenen Antwort mangelnde Fachkenntnis vorwerfen würde.
Es gab Zweifler Galileos, die ihre Zweifel religiös begründeten - und falsch lagen.
Es gibt Zweifler, die noch immer an eine flache Erde als Scheibe glauben - sie liegen falsch.
Es gibt Zweifler, die glauben wir alle würden mit Chemtrails / chemisch manipuliert - sie liegen falsch.
Es gibt Zweifler der globalen Erwärmung, die ihre Zweifel mit einem Bauchgefühl begründen - sie liegen falsch.
Und die jetzigen Zweifler argumentieren sehr ähnlich - weil sie nicht kapieren wollen, was Statistik aussagt - und weil sie glauben sie müssten statistische Schäden an einzelnen Vorfällen festmachen können.
Beispiel Tschernobyl/Radioaktivität: Betrachtest Du die normalen Bürger in der Ukraine und Ost-/Mitteleuropa, so kannst keinen einzelnen Krebsfall in der Bevölkerung zu 100% an der damals freigewordenen Radioaktivität festmachen, aber dennoch sind statistisch sehr viele Menschen an Krebs gestorben, die ohne den Unfall im Atomkraftwerk nicht an Krebs erkrankt wären.
Ja, die auf verlorene Lebenszeit bezogenen Aussagen wären sinnvoller. Aber wenn viele Leute schon grundsätzlich ein Problem haben das auch nur halbwegs einzuschätzen, dann würdest Du damit bei den Leuten noch weniger erreichen, dass sie verstehen, was das bedeutet.
Dass statistisch Raucher sieben Jahre ihres Lebens einbüßen ist wohl richtig. Aber deswegen hörte kaum keiner mit Rauchen auf. Dass das üble Folgen haben kann, wenn man selber betroffen ist, das machten vielen erst die hässlichen Bilder klar.
Du siehst ja was passiert, wenn selbst intelligente Menschen wie WernerGg mit solchen Themen konfrontiert werden - sie rechnen Risiko A (Feinstaub) mit Risiko B (Rauchen, Silvesterknallerei, Kamin) gegen, und schon wird das Risiko von A vernachlässigt.
Wichtig dabei ist aber, dass sich Risiken addieren: mit dem Feinstaub aus Autos ist das Risiko an Feinstaub gesundheitliche Schäden davonzutragen größer als ohne den Feinstaub durch Autos.
Die Unterzeichner tun aber gerade so, als würden alle (!) Bundesbürger Raucher sein, und weil dem so sei, spiele ea ja keine Rolle, ob der Feinstaub aus dem Autoverkehr existiere oder nicht.
Zwei letzte Gedanken dazu: ich rauche nicht, ich habe keinen Kamin, ich brenne zu Silvester nicht einmal Wunderkerzen ab, und die letzten Knaller habe ich vor fünfzehn Jahren (ein Päckchen, davor seit Mitte der 1980er nicht) abgebrannt. Ich nutze einen Gasherd, aber ich koche keine 24 Stunden am Tag. Ich habe einen Lassrdrucker, aber ich drucke nicht 24 Stunden am Tag, sondern einmal in ein paar Wochen. Und es gibt den natürlichen Feinstaub, so wie es eine natürliche radioaktive Strahlung gibt, mit der mein Körper halbwegs zurechtkommen muss.
Ich dürfte hauptsächlich dem Feinstaub vom Autoverkehr und von Heizungen ausgesetzt sein - und mindestens der Feinstaub von Autos ist überflüssig - und das haben die Ärzte und die Politik erkannt, und deswegen wurden niedrige gesetzliche Grenzwerte empfohlen.
Mein Risiko an Feinstaub gesundheitlich Schaden zu nehmen steigt dadurch. Und was einige Lungenfachärzte glauben, die statistische Schäden anzweifeln, das ist mir egal.
By the way: Und mir ist es egal, ob Leute rauchen, Kohleöfen in ihren Wohnzimmern betreiben etc. - weil das deren Risiko ist, das sie für sich selber erhöhen. Sobald sie aber mein risiko erhöhen, empfinde ich das als mutwillige Gefährdung meiner Person und einen Angriff auf meine Gesundheit.
Das ist beim Rauchen so, das ist bei Nahrung so, und das ist bei Diesel/Benzinern der Fall, die durch Abgase, Feinstaub UND Lärm meine Gesundheit beeinträchtigen.
Wenn mir dann ein Lungenfacharzt sagen würde, dass es meine Lungenkrankheit nicht geben würde, weil diese ja nur statistisch begründet sei, würde ich seine Qualifikation anzweifeln.*
Merke: Ein Arzt (auch Wissenschaftler) ist auch nur ein Mensch, der Fehler macht, der falsche Dinge glauben kann, und der sich verrennen kann. Weil die Titel allein nur beweisen, dass man zum Zeitpunkt X eine Qualifikation nachgewiesen hat, aber diese keinerlei Aussage darüber treffen, was man darüber hinaus für ein Mensch ist.
Du wirst genügend Lungenfachärzte finden, die rauchen (Tabak), Diesel fahren (Feinstaub), die dick sind (Herzkrankheiten, Diabetes) - und die sich entsprechend gegen Regeln wehren würden, die diese ihre Gewohnheiten einschränken würden - kein Rauchen in Gaststätten / öffentlichen Räumen, Reduzierung versteckter Zucker, Fette in Lebensmitteln, und eben keine Fahrverbote, weil man ja einen Diesel besitzt).
Mich würde ja interessieren, wie diese Fachärzte zu Ozon und Sport im Sommer zu bestimmten stark Ozon-haltigen Tageszeiten stehen - ob sie dann ebenfalls damit argumentieren, dass sie ja keine 'Ozon-Toten' gesehen hätten ... denn auch dieses Risiko ist ein statistisches.
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* Und damit Du erkennen kannst, dass Fachärzte nicht zwingend Koryphäen sind, ein persönliches Erlebnis - das auch ein Stück weit erklärt, warum ich persönlich auf diesen Mist so empfindlich reagiere:
Vor sechs Jahren habe ich aus heiterem Himmel einen Herzinfarkt erhalten. Weder war ich übergewichtig, noch gestresst, noch war ich unsportlich, kein Raucher, und auch Alkohol wurde nur in sehr begrenztem Maße (3-4x im Jahr bei gegebenem Anlass) konsumiert. Ich wohnte damals an einer vielbefahrenen Straße, die zu bestimmten Zeiten sehr viel Umgehungsverkehr bewältigen musste.
Ich hätte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Ging alles zum Glück halbwegs glimpflich aus, hätte ich mich einfach hingelegt, und die Symptome als 'Magenverstimmung' abgetan, wäre ich wohl nicht mehr aufgewacht.
Aber zum Oberarzt: a. Der Oberarzt der Station (zweifellos ein Kardiologe) stand dann morgens am Bett und meinte mir erklären zu müssen, dass ich nun meine bisherigen Gewohnheiten überdenken müsse, sonst sähe man sich bald wieder - als ob ich Raucher wäre, dick sei, extrem gestresst, oder als ob ich eben anders risikofreudig leben würde.
Klang gut gemeint. Aber ob ich überhaupt eines der Risiken hatte, das interessierte ihn nicht. Und auch nicht die wahre Ursache - denn tatsächlich gab es einige Blutwerte, die bei mir deutlich erhöht waren, und die angeboren sind, und die man kaum verändern kann.
Der Oberarzt glaubte (!) also zu wissen, was mein Risiko sei, statistisch betrachtet traf das vermutlich sogar zu, aber dennoch lag er falsch. Und hat mich damit für etwa ein Jahr derart verunsichert, dass ich daraus falsche Dinge ableitete.
Seine auf seine (!) Erfahrungen als Oberarzt und Kardiologe basierende Empfehlung war also gut gemeint, aber eben dennoch kontraproduktiv - am Ende hat er mir damit sogar geschadet.
Deswegen sollte man den Mumm haben Experten und auch Fachärzten zu misstrauen, solange sie ihre Aussagen nicht stichhaltig und fundiert begründen können.
Nur weil jemand sich als Experte ansieht, so tut, oder eben irgendwann mal bewiesen hat, dass er sich Wissen angeeignet hat, ist er nicht gegen Fehler, falsche Meinungen, oder gar Bauchentscheidugen immun - worst case hängt er sogar Verschwörungstheorien an.
b. Nun lese ich, dass Feinstaub das Risiko für Atemwegserkrankungen und bis hin zu Herzerkrankungen erhöht. Was denkst Du also, was mein erster Gedanke war? Richtig. Möglicherweise wäre mir der Herzinfarkt erspart geblieben, wenn der Verkehr in der Straße deutlich geringer gewesen wäre. Wenn Feinstaub das Risiko erhöht, könnte bei mir die Schwelle zum echten physischen Schaden überschritten worden sein.
Nun. Wäre ich tatsächlich am Herzinfarkt gestorben, dann wäre ich kaum zum Lungenfacharzt gebracht worden, und der Kardiologe hätte festgestellt - Vorbelastung seit Geburt, persönliches Risiko, und der tatsächliche Auslöser (möglicherweise Feinstaub) wäre nie bemerkt worden.
Merke: Es gibt Dinge, die einen töten können ohne dass man sie bemerkt oder sehen kann.
(Das historisch beste Beispiel sind Bakterien, und dass die Sterblichkeit bei Operierten schlagartig und in dem Maße abnahm, in dem man auf Hygiene vor während und nach einer Operation achtete. Bakterien konnte damals auch keiner sehen. Und dennoch waren sie für Wundbrand und Infektionen, für die meisten Toten verantwortlich.)
Und so besteht eben auch eine Wahrscheinlichkeit größer Null, dass bei mir (durch den starken Straßenverkehr vor dem Haus) der Feinstaub der Auslöser gewesen sein könnte. Das Label 'Feinstaubtoter' würde man dennoch nicht an meinen Zeh geklemmt haben, und die Unterschreiber des öffentlichen Briefes würden dennoch recht haben, wenn sie sagen, sie 'sehen' keine Toten durch Feinstaub.
Obwohl ich selber eben möglicherweise einer gewesen wäre.
Das Argument ist eben Bullshit: sie 'sehen' auch keine Tschernobyl Toten, und sie 'sehen' auch keine Tabak Toten Nichtraucher - und dennoch gibt es diese. So wenig wie Ärzte vor 150 Jahren mangelnde Hygiene und Bakterien als Auslöser für die nach Operationen gestorbenen Patienten 'gesehen' haben.
Warum ich das schreibe? Solche Zweifel an Statistiken verfliegen sehr schnell, wenn man plötzlich selber betroffen ist, und so ein statistischer Schaden bei einem selbst eintritt.
Egal, ob als Feinstaubtoter oder als Verkehrstoter - denn dass jährlich etwa 3.000 Menschen im Straßenverkehr sterben, und noch sehr viel mehr verletzt werden, wird für viele Menschen erst dann zum real existierenden Risiko, wenn sie selber betroffen sind.
Die Lösung im Umgang mit potentiellen Risiken ist doch eigentlich recht einfach. Erkannte Risiken schaltet man ab, bzw. reduziert sie radikal. Und wenn dann nach einigen Jahren mit den selben statistischen Methoden weniger Feinstaubtote ermittelt werden, hat man zumindest ein stärkeres Indiz, dass ein echter Zusammenhang bestand.
Beim Ozonloch funktionierte das, beim Sicherheitsgurt, beim Rauchen wird das funktionieren, bei Astbest hat es funktioniert, und sogar statistisch im Straßenverkehr funktioniert das, indem man an Kreuzungen mit erhöhter Unfallzahl die Regeln verschärft, und das Risiko dadurch reduziert, statistisch verhindert man dadurch weitere Tote.
Und auch dabei gab es ähnliche Zweifler, teils Lobby-getriebene, teils aus Bequemlichkeit, oder weil sie eben nun an einer Kreuzung ein Stop Schild sehen, wo sie sonst rüberrasen konnten, und schneller zur Arbeit kamen.
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@WernerGg: Das reduziert natürlich nicht das Risiko eines Rauchers wegen Tabakkonsums dennoch an Lungenkrebs zu erkranken - aber auch er verringert dadurch sein Risiko.
Zwei Dinge wären meiner Meinung nach ebenfalls wichtig bei dem Thema zu erörtern: 1. Kinder rauchen nicht, und dennoch sind sie 24 Stunden am Tag Feinstaub ausgesetzt - warum wird das nicht berücksichtigt?
Und 2. darauf aufbauend: warum stört sich kein (!) einziger (!) der Kritiker an den Messtationen daran, dass diese höher angebracht sind, als die durchschnittlichen Menschen groß sind - eigentlich gehören diese auf Kinderwagenhöhe bis 1,80m Höhe fest installiert, um die tatsächliche Konzentration der Abgase und des Feinstaubs zu ermitteln, den Menschen im Straßenverkehr ausgesetzt sind.
Dem zynischerweise auch die Menschen in den Autos ausgesetzt sind, ob Fahrer oder Beifahrer. Denn deren Luft wird nicht vom Land hineingebeamt, sondern die kommt von der Suppe draussen.
Also, ubsb55: Du kannst Deine eigene Gesundheit verkorksen wie Du möchtest, aber Du solltest Dir angewöhnen Dir nicht automatisch das Recht herauszunehmen die Gesundheit anderer zu gefährden - auch nicht aus Bequemlichkeit.
Aber wie so oft denkt man nicht an die Kinder, die für den Mist nun überhaupt nichts können, die möglicherweise von den Eltern mit dem Fahrrad zur Schule fahren sollen, der Gesundheit wegen, und die dann möglicherweise sich ihre Lunge schädigen, wenn sie auf vielbefahrenen Hauptstraßen radeln müssen.