Im Mai veranstaltete Shell wieder ein sehr interessantes Meeting zum Thema „Wasserstoff Mobilität“. Der Dialog fand im Postpalast statt.
Das Thema ist in aller Munde und ich habe ja schon betont (siehe weiter oben), dass Shell bestens vorbereiotet ist und auch weiterhin alles dransetzt „um am Ball zu bleiben“.
Genug meiner Vorrede. Lassen wir nun Shell direkt zu Wort kommen:
Im Fokus stand Wasserstoff als emissionsfreier Energieträger für Kraft- und Nutzfahrzeuge, Züge und weitere Anwendungen.
Brennstoffzelle und Batterie ergänzen sich
„Den Verkehrssektor weitgehend CO2-frei zu machen, stellt die Akteure, die Politik, Wirtschaft und Verbraucher, vor große Herausforderungen“, sagte Stijn van Els, Vorsitzender der Geschäftsführung Deutsche Shell Holding. Er eröffnete den Shell Energie-Dialog mit einem Verweis auf die hohen globalen Schadstoff-Emissionen. Mit Freude nehme er wahr, dass es „mehr und mehr Begeisterung für Wasserstoffmobilität“ gebe. Dabei stellte van Els klar: „Wir sind hier nicht in einem Wettbewerb zwischen Batterie und Brennstoffzelle. Wir müssen gemeinsam eine bezahlbare, nachhaltige, CO2-freie Lösung gestalten.“
Dem stimmte Josef Zellmeier (CSU), Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Bauen, Wohnen und Verkehr, zu. „Ich bin der Meinung, dass wir in der Mischung der Technologien den richtigen Weg finden müssen.“ Statt auf Verbote will Zellmeier auf Innovation setzen: „Ich begrüße sehr, wenn die Industrie zusammen mit der Wissenschaft und natürlich mit öffentlicher Unterstützung nach neuen, konstruktiven Lösungen sucht.“ Dazu, so Zellmeier, gehörten auch effiziente Verbrennungsmotoren, die im Mix der verschiedenen Antriebssysteme „noch eine lange Zukunft“ hätten.
Einleitend stellte Dr. Jörg Adolf, Chefvolkswirt bei Shell Deutschland, die vielbeachtete Shell Wasserstoff-Studie vor, die Shell gemeinsam mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie herausgegeben hat. Darin demonstrieren die Forscher das Potenzial von Wasserstoff als grünen Energieträger, insbesondere auch als Energiespeicher. „In den letzten Jahren hat Wasserstofftechnik einen Boom erlebt“, sagte Adolf. Diese Entwicklungen gelte es nun zu nutzen und in praxistauglichen Technologien einzusetzen.
Die ersten Wasserstoff-Autos fahren bereits
Viele Automobilhersteller arbeiten daran, ihre Fahrzeuge mit Brennstoffzellen auszurüsten. Die geläufige Abkürzung für diese Fahrzeugkategorie „FCEV“ kommt aus dem Englischen (Fuel Cell Electric Vehicle). Erste FCEV-Modelle rollen bereits über die Straßen. Unter ihnen ist der Toyota Mirai, mit dem der japanische Automobilkonzern in München vertreten war. „Der Name Mirai ist das japanische Wort für Zukunft“, erklärte Frank Still, Projektmanager für alternative Antriebe bei Toyota Deutschland. „Das Modell gibt es bereits seit 2015.“
Neu auf dem Markt ist der „Nexo“, ein SUV des koreanischen Herstellers Hyundai. „Der Nexo ist bereits das zweite Wasserstoff-Auto von Hyundai“, sagte Oliver Gutt, Leiter des Produktmanagements von Hyundai Deutschland, und verwies auf den Vorgänger ix35 FCEV. Durch unter anderem vergrößerte Tanks, verbesserte Aerodynamik, mehr Leistung und Effizienz sei der Nexo in punkto Fahreigenschaften bereits nicht mehr von konventionellen Autos mit Verbrennungsmotor zu unterscheiden.
Tankstellennetz wächst kontinuierlich
Dass Wasserstoff-Autos bislang noch eine Rarität auf deutschen Straßen sind, liegt nach Meinung der Experten an der Versorgung mit dem Energieträger. „Ein Hemmnis war in der Vergangenheit die Infrastruktur“, sagte etwa Still, doch das ändere sich: „Da fehlt nicht mehr viel.“
43 Wasserstoff-Tankstellen sind bislang am Netz. Weitere 48 befinden sich im Bau. „Bis Mitte 2019 werden 100 Tankstellen in Deutschland in Betrieb sein“, kündigt Falk Schulte-Wintrop von der H2 Mobility an, einem Gemeinschaftsunternehmen für die Errichtung eines flächendeckenden Versorgungsnetzes.
Sicher und schnell tanken
Den Tankvorgang demonstrierten Frank Belmer und Paul Karzel aus dem Wasserstoff-Bereich bei Shell. An einer Zapfsäule, die Shell gemeinsam mit der BMW Group entwickelt hatte, erklärte Belmer Besuchern der Veranstaltung, wie einfach und schnell sich Wasserstoff-Autos befüllen lassen. Sicherheitsbedenken räumte Belmer aus: „Der Druck wird permanent an mehreren Stellen geprüft. Es ist unmöglich, den Tank mit zu hohem Druck zu belasten.“ Mit drei bis fünf Minuten dauert der Tankvorgang ähnlich lange wie bei Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren.
Welche Herausforderungen der Bau von Tankstellen mit sich bringt, war Thema am Stand der Linde Group. Markus Bachmeier, Head of Hydrogen Solutions, berichtete von großen Fortschritten bei der Bereitstellung der Technologien: „Früher war die Frage, ob und wie wir ausreichend hohe Drücke für das Betanken der Fahrzeuge erreichen können. Inzwischen haben wir das gelöst. Jetzt konzentrieren wir uns darauf, die Technologie so kundenfreundlich, kompakt und kostengünstig wie möglich zu gestalten.“
Stabile und leichte Wasserstofftanks dank Kohlefasern
Wie ausgereift die Möglichkeiten von Transport und Lagerung von hochverdichtetem Wasserstoff bereits sind, zeigte das Unternehmen EMS aus Jülich. Als Pionier im Bereich hochqualitativer Verbundwerkstoffe baut EMS Wasserstofftanks aus leichten, aber höchst stabilen Kohlefasern. Damit, so erklärte Business Development Manager Johannes Lorenz, lasse sich das Gewicht von Tanksystemen in Bussen und Lkw um bis zu 450 Kilogramm reduzieren.
Auch deutsche Hersteller entwickeln FCEV
Neben den Automobil-Unternehmen Toyota und Hyundai stellten auch die deutschen Hersteller Daimler, BMW und Audi ihre Konzepte für Wasserstoff-Fahrzeuge vor. Schon in wenigen Jahren sollen die ersten Modelle vom Band rollen. Audi-Ingenieur Jörg Starr beispielsweise rechnet „Anfang des nächsten Jahrzehnts“ mit den ersten Fahrzeugen der Audi-Serie „h-tron“. „Ab einem Netz von 400 Tankstellen wird das Wasserstoff-Auto interessant für den Kunden“, sagte Starr.
2023 soll die flächendeckende Versorgung laut H2 Mobility erreicht – bis dahin wollen auch Audi, BMW und Daimler ihr Portfolio entsprechend erweitert haben. Für BMW-Ingenieurin Anne Kleczka sei dabei wichtig, sich nicht nur auf eine Technologie zu versteifen. „Ich werde oft gefragt, welches Antriebskonzept sich die Kunden denn nun kaufen sollen. Darauf gibt es keine eindeutige Antwort, weil für verschiedene Verwendungszwecke verschiedene Antriebe ideal sind“, sagte Kleczka. „Unsere Aufgabe als Hersteller ist es, für unterschiedliche Bedürfnisse das passende Angebot zu machen.“
Die Vorzüge von Brennstoffzelle und Batterie kombiniert Daimler in einer neuen Variante des SUV-Modells GLC, dem „GLC F-Cell“. Brennstoffzelle und Lithium-Ionen-Batterie ergänzen sich darin zu einem Plug-In-Hybrid, „das intelligente Zusammenspiel ist weltweit eine Neuheit“, sagte Daimler-Ingenieur Georg Frank. Die ersten Exemplare sollen noch 2018 ausgeliefert werden.
Branchenweite Standardisierung
Dass die Entwicklung der Fahrzeuge, der Infrastruktur und die Anwendungen in anderen Bereichen in Deutschland gut koordiniert wird, das betonte Thomas Bystry, Vorsitzender der Clean Energy Partnership. Unternehmen aus allen beteiligten Branchen sind hieran beteiligt, unter anderem um die notwendigen gemeinsamen Standards für Anwendung und Sicherheit zu entwickeln und gemeinsam an der Marktaktivierung zu arbeiten.
Ein anderer Weg: Wasserstoffverbrennung
Wie Wasserstoff auch ohne Brennstoffzelle ein attraktiver Kraftstoff sein kann, zeigte das Start-up KEYOU aus Unterschleißheim. Das junge Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, klassische Verbrennungsmotoren zu emissionsfreien Wasserstoffmotoren weiterzuentwickeln. Integration, Anpassung und Optimierung sind Schlüsseltätigkeiten im gesamten KEYOU-Entwicklungsprozess und damit wesentlicher Bestandteil für die Transformation eines mit herkömmlichen Kraftstoff betriebenen Motors in einen Wasserstoffmotor. Das Prinzip ähnele der Umrüstung auf Erdgas, sei aber wesentlich sauberer, erläuterte KEYOU-Vertreter Jürgen Nadler. „Wir setzen auf eine bestehende, seit 150 Jahren bewährte Technologie auf und machen diese mit unserer H2-Technologie zukunftsfähig.“ Die große Nachfrage aus der Industrie, besonders von Herstellern von Nutzfahrzeugen, deute auf ein enormes Potenzial.
Wasserstoff kommt zum Zug
Nicht nur auf Asphalt, sondern auch auf der Schiene spielt Wasserstoff eine immer größere Rolle. Siemens Mobility stellte in München ein Konzept für neue, hochleistungsfähige Brennstoffzellen vor, das der Konzern in Zusammenarbeit mit Ballard Power für die Elektrozüge der Serie „Mireo“ entwickelt hat. „Der Dieselzug könnte sich schon in den nächsten zehn Jahren aus dem Schienenverkehr verabschieden“, sagte Jochen Steinbauer, der bei Siemens Mobility die Abteilung Hybridantriebe für Regionalzüge leitet.
Damit könnte der Zug dem Auto vorausfahren und eine Vorreiterrolle für die Entwicklung der gesamten Mobilität im Autoland Deutschland und darüber hinaus spielen. Wasserstoff ist im Kommen – das hat der Shell Energie-Dialog eindrucksvoll gezeigt.