Eitler Sonnenschein
von Jochen Steffens
Es wird unter den Tradern aufgeregt diskutiert: Ist das schon ein Boden mit der Chance auf neue Hochs? Ist das ein Boden, aber neue Hochs werden so bald nicht gebildet? Gibt es neue Tiefs und natürlich: Kommt es noch zu einem massiven Crash? Alles dabei. Suchen Sie sich eine Meinung und dann den entsprechenden Analysten, egal was Sie auch denken, Sie werden jemanden finden, der Ihnen die gerade neu gefundene Meinung bestätigt.
Tatsache ist: Es herrscht Unsicherheit! Was wirklich passieren wird, weiß keiner. Die Lage ist tatsächlich zu undurchsichtig. Geht es mit der Subprimekrise nun noch weiter, oder war es das schon? Was liegt noch in den Kellern der Banken, welche Leichen werden nur noch künstlich am Leben erhalten? Niemand weiß es, aber alle hoffen, es wird schon nicht so schlimm. In solchen Situationen halte ich mich an die einfachsten Indikatoren der Charttechnik auch wenn die Interventionen vieles verzerren.
Die Gegenbewegung als Indikator
Sie kennen mich, ich analysiere immer sehr genau die Entwicklung der Gegenbewegung. Meines Erachtens verrät immer erst die Gegenbewegung was wirklich mit dem Markt los ist. Die aktuelle verrät Folgendes: Die Jungs sind alle heiß auf steigende Kurse. „Kaufe jede Konsolidierung“, das haben die Trader in den letzten Jahren gelernt. Die Medien plärren, dass die Sorgen um die Kreditkrise nun langsam in den Hintergrund treten. Die Stimmung ist erstaunlich bullish, meines Erachtens zu bullish.
Diese Bereitschaft, schlechte Nachrichten aus Gier zu ignorieren, ist höchst gefährlich. Wenn nun nur eine weitere schlechte Nachricht die Märkte trifft, kommt es zum Gau. Dann müssen alle Bullen wieder aussteigen. Die Shorties, die gerade ihre Positionen glatt gestellt haben, müssen erneut Short gehen. Diejenigen, die noch mit ihren langfristigen Positionen durchgehalten haben, werden noch ein wenig mehr gegrillt.
Noch hat diese Gegenbewegung nicht die Abwärtstrends aufgelöst. Diese sind trotz der starken letzten Tage immer „noch“ intakt. Man muss also abwarten, ob diese Trends gebrochen werden.
Banken nutzen den niedrigen Diskontsatz
Ich wollte Sie eigentlich nicht noch einmal mit dem Diskontsatz ärgern, aber die neuen Zahlen sind draußen: Demnach haben in dieser Woche nahezu zeitgleich vier große US-Banken das Diskontfenster der US-Notenbank in Anspruch genommen. Die Citibank, JPMorgan Chase & Co, Bank of America und Wachovia haben jeweils 500 Mio Dollar aufgenommen. Begründung: Die Mittel seien aufgenommen worden, um "kreditwürdige Kunden zu unterstützen". Das alles hört sich natürlich überhaupt nicht nach einer abgesprochenen Aktion an, aber so sollte wohl der Eindruck vermieden werden, dass eine der Banken es „nötig“ habe, sprich in Schwierigkeiten steckt. Auch die Deutsche Bank soll seltsamerweise diesen Diskontsatz genutzt haben.
Immer noch schlechte Nachrichten vom US-Immobilienmarkt
Derweil laufen weitere schlechte Nachrichten vom US-Immobilienmarkt über den Ticker. So sollen die Hypothekenanträge im Juli um 5 % zurückgegangen sein. Der eher kleine Hypothekenanbieter First Magnus hat Gläubigerschutz angemeldet, H&R Block muss Kredite aufnehmen, um liquide zu bleiben und Lehman Brothers schließt seine Subprime-Sparte, über 1500 Leute werden entlassen. Das Immobilienunternehmen Toll Brothers meldet einen Gewinneinbruch um 86 Prozent, der allerdings über den Erwartungen lag (fast schon eine Ironie in sich).
Was kommt als nächstes?
Aber wie ich schon vor ein paar Tagen geschrieben hatte, irgendwann gewöhnt sich der Markt an schlechte Nachrichten. Sollten nun weitere schlechte Nachrichten ausbleiben, könnte es, nach einer kleinen erneuten Abwärtsbewegung tatsächlich zu einer Bodenbildung in den nächsten Tagen/Wochen kommen.
Die Frage ist, was könnte den Markt jetzt noch beeinträchtigen? Ich kann es Ihnen noch nicht sagen. Mit einem Auge schiele ich immer noch nach China, die Blase dort wächst und wächst, bis sie platzt....
Viele Grüße
Ihr
Jochen Steffens
US-Konjunkturdaten
Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind um 2.000 auf 322.000 gefallen. Das lag in den Erwartungen der Analysten und war insofern marktneutral. Der Wert für den gleitenden Vierwochendurchschnitt liegt bei 317.750.
Gruß Moya
Quelle: Investor's Daily Abonnenten