Paion-Aktien am unteren Ende der Preisspanne etwas gefragt25. Januar 2005 Anleger können die Aktien des Börsenkandidaten Paion von diesem Dienstag an zu einem Preis zwischen elf und 14 Euro zeichnen. Am 10. Februar sollen die Papiere des Aachener Biotechunternehmens zum ersten Mal an der Börse gehandelt werden. Nachfrage ist durchaus vorhanden: Umgesetzt wurden bisher rund 12.000 Aktien, aber gefragt sind die Titel nur am unteren Rand der Preisspanne, wie ein Sprecher des Wertpapierhandelshauses Lang & Schwarz am Morgen zu FAZ.NET sagte. Der neue Börsenkandidat notiert am Dienstag vormittag bei Lang & Schwarz bei 11,40 zu 11,90 Euro nach 11,10 Euro zu 11,90 Euro am Montag nachmittag. In London beim Broker Tullet wurde Paion am Montag elf zu zwölf Euro gestellt, wie Reuters anmerkt. Das ist deutlich weniger als der zuerst angstrebte Preis: 15 bis 20 Euro wurden vergangene Woche noch als Spanne genannt.
Der Markt billige den Biotech-Aktien keinen großen Aufschlag zu. Mit nur einem Medikament in der Pipeline seien Paion kein „Hoffnungswert” und für Privatanleger auch nicht interessant. Wenn solch eine Aktie aber Erfolg haben soll, müßten auch die Kleinanleger investieren, schließlich seien diese die Kunden der großen Fonds, meint der Händler weiter.
Marktteilnehmer hoffen, daß Paion nach einer langen Durststrecke der Auftakt zu einer ganzen Reihe interessanter Börsengänge im europäischen Biotech-Sektor ist. Wenn das Initial Public Offering (IPO) gelinge, könnten fünf weitere Branchenvertreter folgen, so Helmut Schühsler, Partner beim Wagniskapitalgeber TVM, im Gespräch mit der F.A.Z. Unter Analysten mache indes geteilte Meinungen die Runde. Den Titel zu bewerten, tun sich die Experten weiter schwer. Einig sind sie sich jedoch in der Charakterisierung von Paion als „One-Product-Company”, da bis auf ein hoffnungsvolles Mittel gegen Schlaganfall kein Medikament vor der Marktreife stehe.
Firma könnte bis zu 80,5 Millionen Euro erlösen
Die Zeichnungsfrist für die Aktien läuft bis zum 7. Februar 2005. Angeboten werden bis zu fünf Millionen Aktien sowie 750.000 Papiere in einer Mehrzuteilungsoption (Greenshoe), das sind 33 Prozent der Anteilscheine. Die Emission könnte Paion bis zu 80,5 Millionen Euro in die Kassen spülen, wenn diese Option vollständig ausgeübt wird. „Wir wollen primär institutionelle Investoren gewinnen, selbstverständlich können auch Kleinanleger zeichnen”, sagte Paion-Chef Wolfgang Söhngen laut Reuters am Montag bei einer Pressekonferenz.
Die bisherigen Paion-Aktionäre wie Innoven Partenaires, die Beteiligungsgesellschaft 3i, Swiss Genevest und die norwegische Neomed Innovation werden Unternehmensangaben zufolge keine Anteile im Zuge des Börsengangs veräußern.
Mit den Einnahmen aus dem Börsengang will Paion die Entwicklung seiner Schlaganfall-Medikamente Enecadin und Solulin vorantreiben, die noch am Anfang der Erprobung am Menschen stehen. „Wir screenen permanent den Markt, um weitere Produkte einzulizenzieren", sagte Söhngen. „Wir wollen ein komplettes Schlaganfall-Portfolio anbieten.”
Paion: Finanzierung des Hoffnungsträgers gesichert
In den ersten neun Monaten 2004 verbuchte Paion vor allem dank der Partnerschaft mit der amerikanischen Pharmafirma Forest Laboratories einen Gewinn von 5,3 Millionen Euro. Bis das am weitesten entwickelte Produkt - das Schlaganfall-Medikament Desmoteplase - auf den Markt komme, sei aber weiter mit Verlusten zu rechnen, sagte Finanzchef Bernhard Hofer. Paion will die Zulassung für Desmoteplase 2007 beantragen, so Reuters.
Die Entwicklung des Hoffnungsträgers Desmoteplase ist dem Konzern zufolge durch die Zusammenarbeit mit Forest finanziell gesichert. Insgesamt seien Zahlungen von 69,5 Millionen Dollar geplant. Davon habe Paion im vergangenen Jahr von Forest 22 Millionen Dollar erhalten. Am 1. Februar soll Desmoteplase in die letzte klinische Phase kommen. Analysten schätzen die jährlichen Spitzenumsätze des Mittels auf 200 bis 400 Millionen Euro.
Paion hatte Desmoteplase von dem Berliner Pharmaunternehmen Schering einlizenziert. Das Mittel ist die gentechnisch hergestellte Version eines Proteins, das die Blutgerinnung hemmt. Der Wirkstoff stammt ursprünglich aus dem Speichel der Vampir-Fledermaus Desmodus Rotundus. Nach bisherigen Tests kann Dsmoteplase bis zu neun Stunden nach einem Gefäßverschluß gegeben werden, um zu wirken. Dagegen müssen Konkurrenzmittel spätestens nach drei Stunden verabreicht werden. Dies erklärt die großen Hoffnungen, die auf dem Paison-Mittel liegen.
Paion wäre höher bewertet als etwa Medigene
Für Rüdiger Weseloh, Analyst bei Sal.Oppenheim, ist Desmoteplase „eine ganz spannende Sache”. Die Präsentation habe das Management „sehr gut gemacht”, sagte er zu FAZ.NET. Daß es sich genauerer Aussagen zu Markteintritt, Umsatzbeiträgen für Vertriebspartner und Gewinnschwelle enthalten habe, sei zu erwarten gewesen. Zur Frage der Bewertung wollte sich der Analyst nicht näher äußern. Dies werde Sal.Oppenheim wahrscheinlich auch zum Börsengang hin nicht tun.
Dagegen äußerte sich ein anderer Biotech-Analyst, der indes nicht genannt werden wollte, unzufrieden. Er habe wesentliche Angaben vermißt. Mit der genannten Preisspanne werde Paion, das in der bis dato letzten Finanzierungsrunde der privaten Geldgeber auf 80 Millionen Euro taxiert worden sei, höher bewertet als etwa Medigene. Dabei habe Medigene mehr als ein Medikanent zu bieten und den Sprung in die Gewinnzone im nächsten Jahr vor Augen. Auch dieser Analyst hob das große Potential von Desmoteplase hervor. Gleichwohl bleibe wie bei anderen Medikamenten das Risiko, in der dritten klinischen Phase noch zu scheitern.
Vor diesem Hintergrund müssen sich Privatanleger fragen, auf was sie zuerst schauen: auf die Chancen oder auf die andere Seite der Medaille, das Risiko. Dieses ist nach den Worten von Sal.Oppenheim-Analyst Weseloh „nicht vorhersehbar”. Für konservative Anleger eignet sich Paion mithin sicherlich nicht. Und risikofreudige Naturen sollte bedenken, daß sie das Papier nicht jetzt zeichnen müssen, um es zu erwerben. Angesichts der lediglich auf die untere Preisspanne zielende Nachfrage und des Abschlags von den ersten Erwartungen dürfte die Notiz nicht mit einem Kurssprung aus dem ersten Handelstag gehen. Möglicherweise ergeht es der Paion-Aktie sogar wie dem zu neun Euro ausgegebenen Papier des Biotech-Unternehmens Epigenomics, das nach einer Erstnotiz von 8,57 Euro zwischenzeitlich bis auf 5,75 Euro verlor und aktuell mit 7,80 Euro notiert.
Gruß Moya