Unsicherheitsfaktor Taiwan: Infineon günstig bewertet? – Fokus auf Übernahmen im Milliarden-Bereich

Dienstag, 16.08.2022 14:57 von

Foto: Sven Hoppe - dpa

Der Chip-Konzern möchte durch gezielte Zukäufe wachsen und setzt dabei auf Skaleneffekte. Die anhaltende Halbleiterkrise und der Konflikt um Taiwan sind allerdings eine größere Achillesferse.

Der Chip-Konzern Infineon setzt weiterhin auf Expansion und peilt laut Konzernchef Jochen Hanebeck Übernahmen "in kleinerer oder mittlerer Größenordnung" an. Diese könnten sich im Milliardenbereich abspielen, wie er gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte. Im Fokus steht dabei vor allem der Ausbau der bisherigen Standorte für die Waferproduktion – Dresden, das österreichische Villach und Kulim in Malaysia – um Skaleneffekte zu realisieren.

Die Erschließung von neuen großen Standorten steht nicht auf der Agenda. Anders als ein Ausbau des Bereichs der Elektromobilität, den die Münchener ebenfalls gezielt ins Visier nehmen, da sie dort mit einem lang anhaltenden Boom rechnen. Daraus resultierende Gewinne sind allerdings noch Zukunftsmusik.

In der Gegenwart bleibt vor allem die anhaltende Halbleiterkrise ein Sorgenkind für den Konzern. Hanebeck rechnet damit, dass die Engpässe hier noch bis ins nächste Jahr anhalten dürften und sich möglicherweise sogar noch verschärfen. Eine zentrale Rolle spielt dabei Taiwan, was zusätzlich Sorgen bereitet. Der schwelende Konflikt mit China ist politisch brisant und birgt großes Unsicherheitspotenzial für die Weltwirtschaft.

Zum einen auf geopolitischer Ebene und zum anderen, weil Taiwan der Top-Produzent von Halbleitern ist und ein weiter zunehmender Lieferengpass oder sogar ein Stopp der Auslieferungen gravierende Auswirkungen auf viele globale Wirtschaftsbereiche hätte. Gerade bei sehr ausgefallenen Halbleiterprodukten wie Prozessoren für Smartphones oder neueste Mikrokontroller für Anwendungen im Auto sei es unmöglich, diese zeitnah zu ersetzen. Vielmehr sei hier – Hanebeck zufolge – ein Zeitfenster von fünf bis zehn Jahren realistisch.

Für Europa sind dies schlechte Nachrichten, da der Konzern von Halbleitern aus Taiwan noch abhängiger ist, als von der Energie aus Russland. Im Interview mit der Süddeutschen findet der Infineon-Chef, der das Amt seit April dieses Jahres innehat, drastische Worte, um die Brisanz der Situation vor Augen zu führen:

Das wäre so etwas wie der größte anzunehmende Unfall.

Mit einem KGV von rund 17 scheint die Infineon-Aktie ungeachtet aller äußeren Umstände günstig bewertet und wird auch vom Gros der Analysten als Kauf-Kandidat eingestuft. Das mittlere Kursziel liegt hier aktuell bei rund 37 Euro.  

(ir) für die wallstreet:online Zentralredaktion

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