ROUNDUP: Streit um Vorzüge für Ryanair in Lübeck könnte sich erübrigt haben

Donnerstag, 09.02.2017 14:44 von

KARLSRUHE/LÜBECK (dpa-AFX) - Der lange Rechtsstreit um angebliche Vergünstigungen für die Billig-Fluglinie Ryanair am Flughafen Lübeck steht möglicherweise vor dem Abschluss. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwies die Sache am Donnerstag zwar erneut zurück an das Landgericht Kiel. Eine aktuelle Entscheidung aus Brüssel in einem seit 2007 laufenden Beihilfeverfahren könnte eine neue Verhandlung aber hinfällig machen. Die EU-Kommission hatte am Dienstag mitgeteilt, dass bestimmte Vereinbarungen mit Ryanair keine unzulässigen staatlichen Beihilfen darstellten. Weil es dazu bisher nur eine Presseerklärung gibt, urteilte der BGH trotzdem wie vorgesehen.

Vor Gericht kämpft der Konkurrent Air Berlin seit mehr als zehn Jahren darum, dass die Hansestadt die gewährten Vorteile offenlegt - mit dem Ziel, von Ryanair am Ende das Geld zurückfordern zu können.

In der Zwischenzeit ist einiges passiert. Ryanair hat seit 2014 keine Flüge von und nach Lübeck mehr im Programm. Inzwischen gibt es dort nach zwei Insolvenzen sogar überhaupt keinen Linienflugbetrieb mehr.

Der Streit zwischen der Stadt, Air Berlin und Ryanair ging trotzdem weiter durch alle Instanzen. Der BGH hatte vor sechs Jahren schon einmal damit zu tun, auch beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg war der Fall. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die Entscheidung im Brüsseler Beihilfeverfahren so lange auf sich warten ließ. Dessen Eröffnung war zumindest ein Anhaltspunkt, dass in Lübeck womöglich nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war. Solange das nicht definitiv feststand, war aber strittig, ob die Hansestadt gegenüber Air Berlin schon einmal alle Details offenzulegen hatte oder nicht.

Mit der neuen BGH-Entscheidung wäre nun wieder das Landgericht an der Reihe, weil die Karlsruher Richter bei einem früheren Kieler Urteil Mängel feststellten. Das könnte sich aber durch die Entwicklung in Brüssel erübrigt haben. Eine abschließende Beurteilung sei allerdings noch nicht möglich, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher.

Grundsätzlich stellt der Senat in seinem Urteil klar, dass die deutschen Gerichte vorläufige Einschätzungen der EU-Kommission zwar berücksichtigen müssen. Das sei aber keine "absolute und unbedingte Verpflichtung". Laut BGH sind immer auch die Interessen der Betroffenen zu wahren. Im Fall Lübeck merken die Richter kritisch an, dass die Realität das Brüsseler Verfahren quasi überholt hat. Ob sich nach so langer Zeit daraus noch Ansprüche an die Stadt Lübeck ergeben könnten, sei daher zumindest fraglich. (Az.: I ZR 91/15)/sem/DP/fbr

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