ROUNDUP: Rückversicherer glauben nach Hurrikan-Serie an Preisanstieg

Montag, 23.10.2017 15:12 von

BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Die großen Rückversicherer sehen nach den jüngsten Hurrikan-Schäden einen Preisanstieg im Katastrophengeschäft in greifbarer Nähe. "2017 wird nach 2005 und 2011 wohl das dritte Jahr, in dem die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen die Marke von 100 Milliarden US-Dollar überschreiten", sagte Hermann Pohlchristoph, Vorstandsmitglied beim weltgrößten Rückversicherer Munich Re , am Montag beim jährlichen Branchentreffen in Baden-Baden. In den betroffenen Regionen - USA und Karibik - werde Rückversicherungsschutz gegen Naturkatastrophen daher 2018 deutlich teurer.

In der Branche kursieren Berechnungen, denen zufolge die Hurrikans "Harvey", "Irma" und "Maria" die Versicherer insgesamt um die 100 Milliarden US-Dollar kosten dürften. Pohlchristoph machte den Rückversicherern daher Hoffnung auf eine Preiswende auch in anderen Teilen der Welt. "Rückversicherung ist ein globales Geschäft, auch wenn die Schäden regional sind", sagte er. "Die Auswirkungen dürften daher auch global sein." So sollten die Hurrikan-Schäden aus den USA die Preise in der Katastrophen-Rückversicherung auch in Europa nach oben treiben, schätzt er.

Hannover-Rück-Vorstand Michael Pickel hält dies hingegen für unwahrscheinlich. "Warum sollte ein Versicherer, der gar kein US-Geschäft hat, für die Rückversicherung von Katastrophenschäden in Europa mehr bezahlen als bislang?", sagte der Deutschlandchef des weltweit drittgrößten Rückversicherers. Bisher sei nicht zu erwarten, dass die Katastrophenschäden die Kapitalbasis der Branche angriffen. Solange dies nicht passiere und das Angebot an Rückversicherungsschutz nicht schrumpfe, sei mit einem Prämienanstieg auf breiter Front nicht zu rechnen.

So geht die Hannover Rück in der Kfz-Versicherung für 2018 von einem Prämienanstieg aus, und auch in der Rückversicherung gegen Elementarschäden durch Unwetter oder Erdbeben dürften die Preise leicht nach oben gehen, schätzt Pickel. Bei Versicherern, die von den Hurrikanschäden in den USA betroffen sind, wolle die Hannover Rück allerdings Preiserhöhungen im zweistelligen Prozentbereich durchsetzen.

Rückversicherer übernehmen Teile der Risiken von Erstversicherern wie Allianz und Axa und streuen und bündeln sie so, dass keiner von ihnen bei großen Schäden in Schieflage geraten sollte. In Baden-Baden sondieren beide Seiten jedes Jahr im Oktober wie zuvor schon in Monte Carlo die Konditionen für die Vertragserneuerung zum bevorstehenden Jahreswechsel. Dabei geht es nicht nur um das Katastrophengeschäft, sondern auch um die Industrie-, Kfz- und Gebäudeversicherung sowie die Konditionen, zu denen Rückversicherer bereit sind, Teile solcher Risiken auf ihre Kappe nehmen.

Die Preise im Rückversicherungsgeschäft sind in den vergangenen Jahren kräftig gefallen. So sank das Prämienniveau im US-Katastrophengeschäft um bis zu 50 Prozent. Das lag sowohl an den jahrelang vergleichsweise geringen Schäden als auch an einem Überangebot an Rückversicherungsschutz, das durch eine Kapitalschwemme in der Branche und den Boom von Katastrophenanleihen angetrieben wurde.

Derweil will sich die Munich Re von den jüngsten Hurrikan-Schäden in den USA und der Karibik nicht schrecken lassen. "Unser Risikoappetit wird sich nicht verändern, weder weltweit noch bei den US-Hurrikan-Risiken", sagte Vorstandsmitglied Pohlchristoph. Wie teuer "Harvey", "Irma" und "Maria" die Munich Re zu stehen kommen, wollte der Manager noch nicht beziffern. "Alle bisherigen Schätzungen sind sehr vorläufig und sollten mit Vorsicht genossen werden."

Der weltweit zweitgrößte Rückversicherer Swiss Re hatte seine Belastung durch die drei Stürme und die jüngsten Erdbeben in Mexiko am Freitag auf 3,6 Milliarden Dollar geschätzt. Für die gesamte Versicherungsbranche geht sie von 95 Milliarden Dollar Schäden aus.

Die Munich Re hat bisher keine eigenen Schätzungen veröffentlicht, aber ihr Gewinnziel von 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro für 2017 in Frage gestellt. Auch die Hannover Rück bisher hat lediglich ihr Gewinnziel von über eine Milliarde Euro in Zweifel gezogen./stw/oca

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