ROUNDUP/Kreise: Commerzbank könnte bis zu weitere 7000 Stellen abbauen

Sonntag, 28.06.2020 15:38 von

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Commerzbank könnte im Rahmen des bereits angekündigten schärferen Sparkurses Kreisen zufolge bis zu 7000 Stellen abbauen. Zudem sollen rund 400 Filialen geschlossen werden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Samstag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Damit würde der Stellen- und Filialabbau deutlich höher ausfallen als noch im September 2019 mitgeteilt. Commerzbank-Chef Martin Zielke hatte bereits im Februar angekündigt, dass der Sparkurs noch einmal forciert werden soll.

Zielke steht unter Druck, weil viele Investoren und allen voran der Großaktionär Cerberus mit der Entwicklung und den Zielen des Sparprogramms nicht zufrieden sind. Zielke hatte den Abbau weiterer 2300 oder rund sechs Prozent der Vollzeitstellen und die Schließung von jeder fünften von rund 1000 Filialen angekündigt. Dabei weichte er aber auch die Ziele für die Kostenquote und die Eigenkapitalrendite auf. Der Staat, der mit etwas mehr als 15 Prozent der größte Anteilseigner der im MDax notierten Bank ist, gab daraufhin ein Gutachten bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) in Auftrag.

Einem früheren Bloomberg-Bericht zufolge empfahlen die Berater noch drastischere Sparmaßnahmen, darunter eine noch deutlichere Verkleinerung des Filialnetzes. Die geplante Senkung der Kosten um rund 600 Millionen Euro bis 2023 sollte dadurch doppelt oder dreimal so hoch ausfallen wie vom Management vorgesehen. Zielke kündigte dann im Februar an, die eigene Strategie noch einmal zu überarbeiten. Bei der Hauptversammlung im Mai sagte er, dass die Bank ihr "Kostenmanagement in diesem Jahr nochmals intensivieren" werde. Die Bank will am 5. August bei der Bekanntgabe der Zahlen für die ersten sechs Monate die Details zu den geplanten weiteren Sparmaßnahmen vorstellen.

Diesen Plan bestätigte eine Sprecherin dem Bloomberg-Bericht vom Samstag zufolge. Darüber hinaus wollte sie sie Informationen nicht kommentieren. Derzeit würden viele Szenarien diskutiert werden. Es seien aber noch keine Entscheidungen gefallen. In dem Bericht hieß es, dass Zielke und die Finanzchefin Bettina Orlopp die neuen Ziele bei einer Aufsichtsratssitzung an diesem Mittwoch vorstellen. Noch sei aber nicht entschieden, welche Sparziele dem Aufsichtsgremium vorgestellt werden sollen. Viele Führungskräfte hätten Zweifel, ob diese massiven Einschnitte machbar sind. Deshalb sei es auch noch möglich, dass die geplanten Stellenstreichungen oder Filialschließungen nicht so extrem ausfallen könnten.

Nach Bloomberg-Informationen könnte das Sparziel innerhalb der neuen Pläne verdoppelt werden. Im September hatte Zielke angekündigt, die Kosten bis 2023 um rund 600 Millionen Euro auf weniger als 6,3 Milliarden Euro drücken zu wollen. In dieser Summe sind die Aufwendungen der polnischen Tochter mBank enthalten. Deren geplanter Verkauf musste die Commerzbank im Mai wegen eines zu geringen Interesses von potenziellen Käufern abblasen. Durch den stärkeren Abbau von Stellen und Filialen könnte die Bank das Einsparziel auf deutlich mehr als eine Milliarde Euro aufstocken.

Auch bei der Eigenkapitalrendite dürfte Zielke jetzt deutlich ehrgeiziger sein als noch zuletzt, hieß es in dem Bloomberg-Bericht. Hier wird von Zielke deutlich mehr erwartet - schließlich wurde gerade das Ziel einer Rendite von mehr als vier Prozent beziehungsweise mehr als fünf Prozent, wenn die Rahmenbedingungen gut sind, bis zum Jahr 2023 von den meisten Experten und Investoren als wenig ambitioniert und enttäuschend eingestuft. Der US-Finanzinvestor Cerberus, der etwas mehr als fünf Prozent der Commerzbank hält, dürfte allerdings auch mit den neuen Zielen unzufrieden sein und weiter auf einen Wechsel an der Spitze der Bank drängen, schrieb Bloomberg am Samstag.

Mitte Juni hatte Cerberus in einem Schreiben an den Aufsichtsrat, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, nachhaltige Veränderungen in der Führung sowie in Bezug auf die operative und strategische Ausrichtung gefordert. "Künftig werden wir unsere Mittel dafür einsetzen, alternative Wege zur Herbeiführung der notwendigen Veränderungen zu bestreiten, um die anhaltende Erfolglosigkeit der Commerzbank zu überwinden, ihre durch die schwache Entwicklung in nahezu allen Geschäftskennzahlen zum Ausdruck gebrachten Probleme zu adressieren", hieß es in dem zweiseitigen Schreiben von Cerberus Capital Management.

Cerberus traut Zielke nicht zu, den harten Sanierungskurs auch durchzusetzen. So hatte er im September 2016 angekündigt, die Zahl der Vollzeitstellen um 7300 auf rund 36 000 zu reduzieren, und musste dann im Laufe der Jahre zurückrudern. Am Ende sollte die Zahl der Vollzeitstellen im Rahmen des 2016 angekündigten Strategieprogramms nur noch auf etwas mehr als 38 200 sinken. Davon ausgehend soll die Stellenzahl den bisherigen Plänen um weitere 2300 auf 35 900 sinken. Die Commerzbank kämpft seit vielen Jahren mit einer Reihe hausgemachter Probleme sowie dem schwierigen Branchenumfeld wie dem Dauertief bei den Zinsen, das auf die Erträge drückt.

Den Anfang der hausgemachten Probleme machte 2005 die vom damaligen Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller, der nach seiner Zeit als Konzernchef noch zehn Jahre bis zum Mai 2018 den Aufsichtsrat leitete, initiierte Übernahme der Eurohypo. Es folgte der Kauf der Dresdner Bank Ende August 2008 - also kurz vor dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers und der anschließenden Finanz- und Wirtschafskrise. Wegen großer Löcher in der Bilanz musste die Commerzbank vom Staat gerettet werden.

Die stillen Einlagen in Milliardenhöhe ha der Staat inzwischen zurück - auf einen Teil der Aktien sitzt er noch. Ein Ausstieg ohne Verluste ist dabei nicht in Sicht. Der Kurs der Aktie fiel bereinigt um viele Kapitalerhöhungen von fast 230 Euro im Sommer 2007 auf zuletzt nicht mal mehr vier Euro - langfristig engagierte Investoren haben also so gut wie alles verloren und auch kurzfristig sieht es nicht gut aus. So sitzt auch Cerberus aktuell auf einem Buchverlust in dreistelliger Millionenhöhe - seit dessen Einstieg im Sommer 2017 ging es um mehr als 60 Prozent nach unten. Aktuell ist das fünfprozentige Paket des US-Investors weniger als 250 Millionen Euro wert./zb/jha/

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