Marktkommentar: Dr. Daniel Hartmann (BANTLEON): Fed-Sitzung - Powell lässt Zeitpunkt für nächsten Zinsschritt offen
Donnerstag, 27.07.2023 09:15 von Asset Standard
Je nach Datenlage wird die Notenbank bei Ihrer nächsten Entscheidung zur Tat schreiten oder es auch unterlassen.
27.07.2023 -
Fed behält Neigung zu weiteren Leitzinsanhebungen bei
Nach der Pause im Juni hat die Fed erwartungsgemäss den Straffungsprozess wieder aufgenommen und die Leitzinsbandbreite im Rahmen der gestrigen Notenbanksitzung um 25 Bp von 5,00% bis 5,25% auf
5,25% bis 5,50% angehoben. Es ist die elfte Leitzinserhöhung seit März 2022 und das höchste Leitzinsniveau seit dem Jahr 2001. Mit anderen Worten wurde nunmehr auch der Zinserhöhungszyklus der
Jahre 2004 bis 2006 (endete bei 5,25%) übertroffen. Notenbankpräsident Jerome Powell liess überdies keinen Zweifel daran, dass die Fed an ihrer Neigung zu einer weiteren monetären
Straffung festhält. Im Juni hatte die Mehrheit der FOMC-Mitglieder den Hochpunkt der Leitzinsbandbreite bei 5,50% bis 5,75% gesehen.
Wann dieser nächste Schritt erfolgen soll, liess Powell allerdings völlig offen. Dies sei bereits im September, aber auch im November oder noch später möglich. Die Entscheidung sei
vollkommen datenabhängig. Bis zum September könne die Fed unter anderem noch zwei weitere Inflations- und Arbeitsmarktberichte auswerten. Je nach Datenlage werde die Notenbank dann zur Tat
schreiten oder es auch unterlassen.
Inflation: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer
Die aktuelle Wirtschaftslage schätzte die Fed kaum anders ein als im Juni. Das Wirtschaftswachstum sei etwas robuster als erwartet. Darüber hinaus wird die Situation am Arbeitsmarkt immer noch als
sehr angespannt bezeichnet. Immerhin gebe es einige Anzeichen für eine Abschwächung (unter anderem geht die Zahl der offenen Stellen zurück und das Lohnwachstum ebbt ab). Die jüngsten unerwartet
deutlichen Rückgange bei der Inflationsrate (CPI) begrüsste der Notenbankpräsident, wiess aber gleichzeitig darauf hin, dass ein Datenpunkt noch zu wenig sei, um die Währungshüter von einer
nachhaltigen Disinflation zu überzeugen.
Dabei gebe es durchaus Fortschritte auf dem Weg zum 2%-Inflationsziel. Bei den Güterpreisen mache sich die Entspannung auf der Angebotsseite positiv bemerkbar. Um den Teuerungsdruck bei
Dienstleistungen (ohne Mieten) zu mindern, sei die Fed noch gefordert, eine weitere Absenkung des Lohnwachstums zu erzwingen. Powell ist ausserdem guter Dinge, dass der Fed ein Soft
Landing gelinge. Der Mitarbeiterstab der Fed würde nunmehr in seiner Prognose nicht einmal mehr ein milde Rezession unterstellen. Leitzinssenkungen sieht Powell noch in weiter Ferne. Eine
geldpolitische Lockerung könne erst dann erfolgen, wenn klar erkennbar sei, dass das Inflationsziel in naher Zukunft erreicht werde. Dies werde aber in seinen Augen frühestens im Laufe des
kommenden Jahres der Fall sein.
Leitzinshoch dürfte aller Wahrscheinlichkeit erreicht sein
Insgesamt hielt die Notenbanksitzung wenige Überraschungen parat. Hinsichtlich des nächsten Zinsschritts will sich die Fed alle Optionen offenhalten. Wir gehen davon aus, dass zumindest die
Inflationsdaten in den nächsten Monaten weiter rückläufig sind. Dies sollte der Fed den Spielraum eröffnen, im September nicht gleich wieder nachzulegen, sondern erst einmal abzuwarten. Bis in den
November (übernächste Sitzung) dürften sich auch die Konjunkturdaten so stark abgekühlt haben, dass die Fed von einer nochmaligen monetären Straffung absieht. Insbesondere sollte dann auch der
Arbeitsmarkt zusehends unter Druck geraten sein. Summa summarum ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Zinserhöhungszyklus heute, nach 16 Monaten und Leitzinsanhebungen um 5,25%-Punkte, zu Ende
gekommen ist.