Zweifel an Trumps Handelsbilanzdefizit

Samstag, 16.06.2018 11:00 von

Manchmal ist es für die Beurteilung von Situationen gut, die Sichtweise zu wechseln. Dies hat Zhang Zhiwei, seines Zeichens China-Chefanalyst bei der Deutschen Bank, getan. Er und seine Kollegen zweifeln die Existenz des Handelsdefizits an, mit dem D. T., der Unberechenbare, seinen Wirtschaftskrieg rechtfertigt. Bekanntlich begründet der US-Präsident seine Strafzölle ja mit einem „unfairen System“, in dessen Rahmen die Amerikaner jährlich 550 Mrd. USD Verlust machen würden. Dass ein solches Handelsdefizit nach gängiger Rechnung besteht, stellen laut „Bloomberg“ die Analysten der Deutschen Bank gar nicht in Abrede. Sie bezweifeln aber den Sinn der angewandten Rechnung.

Denn wenn man auch die Werte der Waren mit berechnet, die US-Unternehmen im Ausland verkaufen, ergibt sich nach der Studie kein Defizit, sondern ein Überschuss von satten 1,4 Bill. USD. Dies ergibt sich laut Deutscher Bank aus einem „aggregierten Umsatzüberschuss", der sowohl direkten Handel als auch die Umsätze multinationaler Unternehmen einbezieht. Handels- und Unternehmensdaten werden normalerweise nicht kombiniert. Aber wenn man alle Handelsdaten, Umsätze von US-Unternehmen in anderen Ländern und ausländischen Gesellschaften in den USA zusammenzählt, haben US-Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren laut Zhiwei mehr in den Rest der Welt verkauft als andere Länder in die USA verkauft haben.

Am Beispiel von iPhones machte er klar, um was es geht. Da diese nicht als Ausfuhren in die Statistik einfließen, weil sie von chinesischen Tochterfirmen durchgeführt würden, ergibt sich ein schräges Bild. Denn in der Tat haben die USA in China mehr iPhones verkauft als im eigenen Land. Dies trug laut Zhiwei zu einem Überschuss der USA von 20 Mrd. € gegenüber China bei.

Diese Rechnung, bei der Deutschland gegenüber den USA weiterhin einen Überschuss hält, lässt zumindest uns neu nachdenken. Ob es der Mann im Oval Office tut, bezweifeln wir. Brad Setser, ein ehemaliger Mitarbeiter im US-Finanzministerium, sagte schon mal zu „Bloomberg“, er halte nichts von diesem Ansatz. Eine solche Rechnung sei nicht vergleichbar und schaffe mehr Probleme, als sie löse…

Weitere Themen