Europawahl - nicht ohne die Briten

Donnerstag, 09.05.2019 13:00 von

Egal, ob es zu einer Einigung im Brexit-Streit kommt oder nicht, die Briten nehmen an der Europawahl teil. Nach einem zweimaligen Aufschub des EU-Austritts wollte Premierministerin Theresa May eine Teilnahme an der Wahl eigentlich vermeiden. Doch selbst bei einer Einigung zwischen den Torys und der Labour Party vor der Wahl am 23. Mai würde die Zeit für eine Ratifizierung des Vertrags zu knapp werden. Aber nach einem Durchbruch sieht es ohnehin nicht aus. Damit ist eine absurde Situation eingetreten: Das Vereinigte Königreich müht sich weiterhin um einen Austritt aus der EU und kämpft parallel dazu um Sitze im neuen EU-Parlament. Je nachdem, wie stark dann die EU-feindlichen Brexiteers werden, könnte dies der EU erhebliche Probleme einbrocken, die der Lage in einer Schraubzwinge gleichen. Während seitens der Briten die EU-Gegner im eigenen Parlament pöbeln, dürften auf der anderen Seite Ungarn und Rumänien, die viele der gemeinsamen EU-Werte ohnehin missachten, weiter für Unruhe sorgen. Umso wichtiger scheint es, dass bei der Wahl die integrativen, pro-europäischen Kräfte gestärkt werden.

Forderung nach einem zweiten Referendum

Die Frage ist nun, ob ein Kompromiss zwischen der Regierung und der Labour Party möglich ist – und wie dieser aussehen könnte. Bekanntlich hat May ja schon angeboten, dass ein möglicher Deal die zeitlich begrenzte Mitgliedschaft in der europäischen Zollunion beinhalten könnte. Dies aber würde die Spaltung der Torys bedeuten. Hundert konservative Abgeordnete haben bereits angekündigt, bei einem solchen Deal mit „Nein“ zu stimmen. Dabei taucht immer wieder die Forderung nach einem zweiten Referendum auf. Wie „The Guardian“ berichtet, fordert eine Gruppe von Labour-Abgeordneten, dass jeder Deal, der mit der Premierministerin verhandelt wird, dem Volk als Referendum vorgelegt werden muss. Das wollen nach jetzigem Stand weder May noch Labour-Chef Jeremy Corbyn.

Gefahr der Lähmung für EU

Sollte es aber dennoch zu einem zweiten Votum des Volkes kommen, stellt sich die Frage, über was denn abgestimmt werden soll. Laut „Daily Telegraph“ sieht hier May eine Chance in einem neuen Referendum, das drei Optionen zur Wahl stellen würde: Einen Brexit nach Vorstellung der Regierung mit der Hilfe von Labour, einen No-Deal-Brexit sowie „Remain“, also in der EU bleiben. Egal, wie es dann ausgehen würde, müssten alle 28 EU-Staaten erst einmal zustimmen. Sicher ist nur, dass der ganze Prozess mit einer Vielzahl an Unbekannten versehen bleibt, was die EU auf lange Sicht lähmen dürfte. Und dabei stünden doch jede Menge an existenziellen Problemen zur gemeinsamen Lösung an, wie beispielsweise Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe, die Migrationsthematik oder Antworten auf die geopolitischen Pläne der USA und Chinas.

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