Entziehungskur für gedopte Finanzmärkte

Freitag, 16.06.2017 20:45 von

Am Mittwochabend verkündigte die Präsidentin der amerikanischen Notenbank, Jenet Yellen, die von allen Marktteilnehmern erwartete Leitzinsanhebung. Damit demonstrierte sie eine Berechenbarkeit, die in den USA zum jetzigen Zeitpunkt nicht unbedingt üblich ist. Die auf nachvollziehbaren Fakten beruhende Änderung der Geldpolitik stellte keine Überraschung dar und man darf gespannt sein, ob bereits im September der von Janet Yellen angekündigte weitere Schritt folgen wird. Obwohl die amerikanische Wirtschaft im ersten Quartal mit etwas weniger Schwung gestartet war, steht sie nach Meinung der Notenbanker auf einem soliden Fundament.

 

Dennoch wurde der Beschluss nicht einstimmig gefasst. Ein Mitglied sprach sich gegen die Erhöhung aus. Bei der anschließenden Pressekonferenz wurde auch eine Bilanzverkürzung in Milliardenschritten in Aussicht gestellt. Die entsprechenden Entscheidungen hierzu sollen noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Darüber hinaus wurden auch Fragen zur persönlichen Zukunft der Fed-Präsidentin gestellt. Hierzu ließ sie aber verlauten, bisher nicht mit D.T. über ihre Zukunftspläne gesprochen zu haben.

Auch wenn man nicht immer alle Facetten der unterschiedlichen Notenbankpolitik gutheißen darf, so steht allerdings außer Frage, dass die wichtigen Notenbanken mit dem Festhalten an den selbst gesteckten Zielen eine gewisse Konstanz ausstrahlen, die es in der klassischen Politik leider nur noch zu selten gibt. Das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Europa. So hat sich in Großbritannien Theresa May das „Eigentor des Jahres“ geschossen und in Italien könnte es in diesem Jahr noch zu Neuwahlen kommen, wobei die Mehrzahl der zur Wahl stehenden Parteien für einen EU-Austritt werben. In Österreich hingegen steht bereits fest, dass die Bevölkerung zumindest einmal, am 15. Oktober, zur Stimmabgabe aufgerufen ist, denn unter Umständen gibt es hierbei die nächste Folge von „Pleiten, Pech und Pannen". Der einzige Stern am europäischen Himmel scheint momentan der neugewählte französische Präsident Emmanuel Macron zu sein, der mit seiner vor einem Jahr gegründeten Partei „En Marche“ ein politisches Erdbeben ausgelöst hat. Dies war und ist Ausdruck der Unzufriedenheit mit den alten, etablierten Politikern. So etwas könnte zumindest theoretisch auch in Deutschland passieren, aber uns fehlt einerseits das „neue“ Gesicht dazu und andererseits setzt in diesen Krisenzeiten die Bevölkerung noch auf die politische Erfahrung unserer führenden Köpfe. Dadurch erhofft man, Schaden von Deutschland abzuhalten.

Diesen Anspruch haben oftmals auch die Notenbanker, die sich immer noch zieren, die Normalisierung der Geldpolitik in Angriff zu nehmen. Es mehren sich zwar erste vorsichtige Hinweise darauf, aber der Ausstieg aus dem Krisenmodus erfolgt zu zögerlich. Die Finanzmärkte sind gedopt, hängen an der Geldspritze und manchmal hat man den Eindruck, dass die Notenbanker nur ganz vage eine Vorstellung haben, wie man eine Entziehungskur einleitet. Die japanische Notenbank versucht diese Umkehr bereits seit Jahrzehnten und man darf gespannt sein, ob der Fed das Vorhaben gelingen wird. Noch ein Zinsschritt in diesem und jeweils drei weitere  in den nächsten beiden Jahren sind ambitioniert. Zumal die noch zu klärende Personalie an der Fed-Spitze nicht ohne Einfluss sein wird.



Weitere Themen