Draghi in der Zwickmühle

Donnerstag, 14.06.2018 12:55 von

Behält Christian Lips Recht? Der Chefökonom der NordLB meint, der 14. Juni könnte ein historisches Datum markieren. Dann nämlich, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) an diesem Tag die entscheidende Weiche in Richtung Zinswende stellt. Sicher kann man davon ausgehen, dass der EZB-Rat bei seiner Sitzung in Riga die Debatte über das Ende der zunächst bis September terminierten Anleihekäufe beginnen wird. Ob aber bereits ein Konsens gefunden wird, darf wegen der aktuellen Entwicklungen insbesondere in Italien zumindest mal in Frage gestellt werden.

Die EZB ist jedenfalls erneut in eine Zwickmühle geraten. Da ist zum einen eine florierende Konjunktur in Euroland, was für eine Zinserhöhung und eine Straffung der Geldpolitik spricht. Da ist zum anderen aber die instabile Situation in Italien, von dessen Regierung man nicht weiß, welchen Kurs sie mit Blick auf den Euro und die Verschuldung fahren wird. Schließlich wurde dort eine Links-Rechts-Regierung aus Fünf Sterne-Bewegung und Lega gewählt, die höhere Staatsausgaben und Steuersenkungen verspricht. Letzteres könnte EZB-Präsident Mario Draghi dazu bewegen, nochmals auf Zeit zu spielen und eine Entscheidung über ein Ende der Ankäufe von Staatsanleihen weiter hinauszuzögern.

Aber nicht von Ungefähr haben zahlreiche Notenbanker in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder darauf gedrängt, den Einstieg in den Ausstieg zu wagen. Schließlich läuft die EZB Gefahr zum dominanten Gläubiger der Euroländer zu werden, hat sie doch bereits Staatsanleihen für 2 Bill. € in ihren Büchern.

Wir erinnern uns an jene historischen Wörter von Mario Draghi, als er 2012 in seiner Rede versprochen hatte, den Euro zu retten - koste es, was es wolle („Whatever it takes“). Diese Aussage galt damals als unbeschränkte Beistandsgarantie für Länder, gegen die spekuliert wurde. In der Folge brachte die EZB den Ankauf von Staatsanleihen (QE = Quantitative Easing) auf den Weg, der bis heute anhält. Doch inwieweit kann die Beistandsgarantie auch für Italien gelten? Natürlich weiß auch Draghi, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nicht mit Griechenland vergleichbar ist. Umso schwerer würde ein „Whatever it takes“ für sein Heimatland wiegen.

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