Brexit-Showdown zwischen May und Johnson?

Donnerstag, 21.09.2017 13:30 von

Boris Johnson hat mal wieder provoziert, diesmal die Premierministerin seiner eigenen Partei, Theresa May. Im Daily Telegraph hat der britische Außenminister einen Artikel veröffentlicht, in dem er all jenen, die an der Umsetzung des EU-Austritts zweifeln, die Leviten gelesen hat. Man werde mit der „neuen nationalen Unternehmung mächtig erfolgreich sein“, versicherte er, der selbst ein ausgemachter Brexiteer ist. Und er beklagte sich prompt über zunehmende Bürokratie der EU und deren angeblich mangelnde Flexibilität, um auf britische Wünsche einzugehen.

Und dann schrieb Johnson, dass Großbritannien bei einem Brexit nichts für den Zugang zum Europäischen Binnenmarkt zahlen solle. Das Land werde sich vielmehr nach dem Brexit „die Kontrolle über rund 350 Millionen Pfund pro Woche zurückholen".

Der Daily Telegraph schrieb bereits von einem „Brexit Showdown“ zwischen May und Johnson, will doch der Außenminister in diesen Tagen von der Premierministerin fordern, keine milliardenschweren Zahlungen an die EU zu leisten. Denn damit greift Johnson, der sich ohnehin für den besseren Premierminister hält, seine Chefin direkt an, die laut Financial Times bereit ist, der EU 20 Mrd. € zu zahlen. Brüssel will allerdings bis zu 100 Mrd. €.

May, die vor Wiederaufnahme der bisher miserabel gelaufenen Brexit-Verhandlungen mit einer Rede am Freitag eigentlich das Heft wieder in die Hand nehmen wollte, ist durch Johnsons Ausführungen desavouiert. Der Independent geht mit Bezug auf hochrangige konservative Abgeordnete sogar soweit, dass Johnson May dazu aufgefordert habe, ihn zu entlassen. Dass diese aber den offenen Konflikt mit ihrem aufmüpfigen Minister scheut, kann als Zeichen der Schwäche von May gedeutet werden.

Doch während in 10 Downing Street noch über die richtige Brexit-Strategie gestritten wird, ist angesichts des nahenden EU-Austritts die Liebe der Briten für Europa wiedererwacht. Jetzt, wo es ans Eingemachte geht, merken sie, wie wichtig die EU ist. Diese These vertritt Thomas Wieser, der Koordinator der Eurogruppe. So europäisch hätten sich die Engländer seit Jeanne d'Arc nicht mehr gefühlt, meint er. Am Ende werde es ohnehin nicht zum Brexit kommen, sagt Anton Börner, Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), im Welt-Interview. Der Brexit sei bisher nur verbal vollzogen. Was immer komme, so Börners Erwartung, werde ganz stark abgefedert werden, um die Wirtschaft nicht zu überfordern. So hat eine neue Umfrage von Reuters ergeben, dass ein EU-Austritt Großbritanniens allein bei Banken und Finanzdienstleistern in einem ersten Schritt 10.000 Jobs kosten wird.

 

 

 

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