Boom bei italienischen Staatsanleihen nur Strohfeuer

Sonntag, 30.06.2019 10:15 von

Es ist eine Frage der Alternativen. Nachdem nun auch zehnjährige französische Staatsanleihen zeitweise unter die Nulllinie gerutscht waren, haben Investoren auf der Suche nach Engagements, die noch halbwegs Rendite einbringen, italienische Staatsanleihen entdeckt. Insbesondere japanische Fonds, die in Bargeld schwimmen, haben hier in den vergangenen Wochen zugegriffen. So ist seit Monatsbeginn die Rendite zehnjähriger Bonds aus Rom um rund 0,5 PP zurückgegangen. Und nachdem die EU-Kommission nun einen Aufschub für Änderungen der italienischen Haushaltspolitik hat durchblicken lassen, drückt die Rendite, die derzeit bei ca. 2,15% liegt, weiter in Richtung zwei Prozent. Zum Vergleich: Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit -0,285%.

Italiens politische Risiken bleiben ungelöst

Allerdings hat Brüssel auch avisiert, dass ein Defizitverfahren gegen Italien ohne weitere Zugeständnisse der Regierung in Rom auf Dauer unvermeidbar wäre. Denn nicht nur Italiens politische Risiken bleiben ungelöst, zusätzlich stellt der Mix aus erhöhten Ausgaben, Steuersenkungen und schwachen Wachstumszahlen zunehmend die Tragfähigkeit der italienischen Schuldenlast infrage. Daher dürfte der Höhenflug italienischer Staatsanleihen nur von vorübergehender Dauer sein, so dass es bald wieder zu einem Renditeanstieg kommen dürfte. Der Nachfrage-Schub sollte sich somit als Strohfeuer entpuppen. Es sei denn, die noch italienisch geleitete EZB greift ins Marktgeschehen ein.

Schuldenstand gleicht einer tickenden Zeitbombe

Glaubt man den Worten von Italiens Vize-Regierungschef Luigi Di Maio, so wird die EU dem Land eine höhere Verschuldung zugestehen – sofern es nötig sei, um Steuern zu senken und mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Aktuell liegt die Verschuldung des Landes bei 131,2% des BIPs und damit weit über dem erlaubten Maastricht-Kriterium von 60%. Der Schuldenstand des drittgrößten Eurolands gleicht also einer tickenden Zeitbombe. Gleichzeitig zeigt die abwartende Haltung der EU, die weitere Schritte vertagt hat, wie wenig Spielraum Brüssel eigentlich hat. Italien hat es auch trotz der bisherigen exorbitanten Verschuldung nicht geschafft, das Wachstum nachhaltig zu steigern. Ob dies ausgerechnet mit seiner aktuellen, populistischen Regierung gelingen mag, darf zumindest bezweifelt werden.

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