Galaxy: Krypto-Gigant über Europa-Strategie und Bitcoin ETFs

Freitag, 19.04.2024 12:39 von

Die Bitcoin ETFs sind erst der Anfang eines großen Krypto-Booms, sagt Steve Kurz vom Branchen-Gigant Galaxy im BTC-ECHO Interview.

Bei der Crypto Asset Conference in Frankfurt traf BTC-ECHO auf Steve Kurz, den Global Head of Asset Management bei Galaxy, einer der größten institutionellen Player im Krypto-Space. Warum die Bitcoin ETFs noch viel größere Zuflüsse sehen könnten und wie der Eintritt der großen institutionellen Player den Krypto-Markt verändern wird, erklärt er im Gespräch mit Chefredakteur Sven Wagenknecht. Zudem gibt er Einblicke in die Europa-Strategie des Branchenschwergewichtes.

Das Interview wurde vom Englischen ins Deutsche übersetzt.

BTC-ECHO: Steve, erzähl uns von der Stimmung an der Wall Street. Es gibt noch immer Personen wie Jamie Dimon, die Bitcoin kritisch gegenüberstehen. Ist diese ablehnende Haltung vorherrschend?

Steve Kurz: In den USA sehen wir seit 15 Jahren, dass Banken die Regierung wie einen wichtigen Kunden hofieren. Deshalb gibt es bezüglich Bitcoin bestenfalls eine gemäßigte Reaktion, bis die US-Regierung öffentlich eine bestimmte Haltung einnimmt. Die ETFs waren trotzdem ein entscheidender Wendepunkt und man sollte darauf achten, was die Großbanken schon jetzt im Hintergrund unternehmen. Auch Goldman Sachs und J.P. Morgan sind sehr aktiv, selbst wenn sie vorläufig keine Krypto-Spots-ETFs anbieten. Als autorisierte Teilnehmer können Banken bald Bitcoin erwerben und zu einem Teil der Portfolioallokation machen. Kritiker wie Jamie Dimon vertreten heute also eher eine Minderheitsmeinung. Und ich denke, dass die Großbanken Teams haben, die sich mit Tokenisierung, Handel oder Kreditvergabe befassen. Das kommt als Nächstes auf uns zu.

Es gab in den letzten Monaten erstaunlich hohe ETF-Zuflüsse. Aber bisher waren das offenbar vor allem Privatanleger, vielleicht auch einige Hedgefonds oder Family Offices. Stehen die meisten institutionellen Anleger noch an der Seitenlinie?

Ja, nach einer Baseball-Analogie sind wir erst im zweiten Inning und damit noch sehr früh. Deshalb sind die Nettozuflüsse in die Bitcoin ETFs in Höhe von über 12 Milliarden US-Dollar in nur drei Monaten besonders beeindruckend. Aber: Die Finanzvermittler, ein 48 Billionen US-Dollar Markt, bieten bisher zu 95 Prozent keine Bitcoin ETFs für ihre Kunden an. Die Umstellung hin zum großflächigen Angebot der Indexfonds ist also signifikant und wird voraussichtlich im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres stattfinden. Die institutionellen Anleger sind ein noch viel größerer Markt mit 100 Billionen US-Dollar plus weltweit und könnten danach einsteigen. Sie brauchen nur etwas mehr Ruhe um Bitcoin, denn der aktuelle Hype ist etwas zu viel für sie. Aber wenn sie sehen, dass der BlackRock-Fonds 25 Milliarden US-Dollar oder mehr verwaltet, wird für sie der Einstieg leichter.

Glaubst du, dass sich das Narrativ des digitalen Goldes auch im Portfolio der Anleger widerspiegeln wird? Dass also der Anteil von Gold im Portfolio zugunsten von Bitcoin reduziert wird?

Wir befinden uns an einem interessanten Wendepunkt in der Makroökonomie, an dem die typischen Korrelationen aufgebrochen scheinen. Der US-Dollar ist stärker, aber auch Gold und Silber steigen kontinuierlich, während sich Bitcoin wie ein Risiko-Asset verhält. Ich vermute, dass das ein Ergebnis der enormen US-Staatsverschuldung ist. Ein großer Teil der US-Schulden kostet die Regierung aktuell noch weniger als fünf Prozent Zinsen. Allein die Refinanzierungskosten der US-Schulden führen aber schon zu einem Schuldendienst von 1,7 Billionen US-Dollar. Das dürfte Sachwerte wie Aktien, Immobilien, Gold, Silber und Bitcoin im Preis steigen lassen. Ich denke also, dass die Flut alle Boote hebt und Bitcoin das schnellste Pferd in der Inflations-Story sein wird. Dieser Trend könnte in den nächsten drei bis sechs Monaten wirklich Fahrt aufnehmen. 

Denkst du, dass die Bitcoin ETFs die Marktdynamik verändert haben? Gibt es also einen Spillover-Effekt der älteren Finanzmarktinfrastruktur auf den Krypto-Markt, zum Beispiel was die Handelszeiten angeht?

Zunächst einmal glaube ich nicht, dass das die Liquidität des Bitcoin-Marktes verringern wird, im Gegenteil. Noch wichtiger ist aber, dass Kryptowährungen in traditionellen Strukturen verpackt werden müssen, wenn wir eine On-Chain-Token-Welt bekommen wollen. Ich weiß, dass das vielen Krypto-Leuten nicht gefällt, wenn Bitcoin mit den ETFs in eine traditionelle Finanzhülle gepackt wird. Vielleicht gefällt ihnen auch nicht, dass der Euro in eine Krypto-Struktur gehüllt wird. Aber beides muss passieren, damit eine Einheit der digitalen Märkte erreicht wird und traditionelle Assets sowie neue Krypto-Assets zusammenkommen. Das ist eine dynamische Entwicklung.

Galaxy hat auch Invesco bei der Einführung des Bitcoin Spot ETFs geholfen. Was war aus deiner Sicht die größte Herausforderung dabei? 

Das zehnjährige Genehmigungsverfahren war sicherlich eine große Herausforderung. Die regulatorische Dynamik war also am schwierigsten. Noch einen Monat vor dem Start der ETFs stand die Frage im Raum, ob wir “In-kind” oder “Cash” als ETFs haben werden. Wir hatten also beide Modelle vorbereitet, aber selbst in den Wochen direkt vor der Genehmigung war unklar, wie das Produkt funktionell aussehen würde. Niemand wusste, wann es wie losgeht und wer wie viel berechnet. Die Gebühren-Schlacht war historisch beispiellos. 

Der europäische Markt ist wichtig für Galaxy. Erst diesen Monat habt ihr zwei neue Krypto-ETCs mit der DWS aufgelegt. Was ist eure Europa-Strategie?

Galaxy ist ein global aufgestelltes Unternehmen. Wir sind eine Cayman-Gesellschaft, die in Kanada börsennotiert ist, aber ihren Hauptsitz in New York hat und weltweit operiert. Das ist in der Krypto-Branche nötig, wenn man wirklich eine große Reichweite haben will. Europa war schon immer ein echter Sweet Spot mit den regulatorischen Rahmenbedingungen und der Offenheit für Innovationen. Dass die Krypto-Adaption hier derzeit noch etwas zurück hängt, liegt vor allem daran, dass es lange keine großen Partnerschaften wie unsere mit der DWS gab. Daher bin ich optimistisch für die nächsten drei oder vier Jahre. Was wir jetzt mit der DWS-Kooperation machen, ist nur der Anfang einer viel größeren Entwicklung, die auch das Vereinigte Königreich einschließen wird. 

Diese Woche kam die Meldung aus Hongkong, dass Bitcoin und Ether ETFs dort genehmigt werden. Ist das eine große Sache?

Das ist umstritten, denn einerseits sind die Märkte in Hongkong nicht sehr groß. Andererseits ist klar, dass China zumindest stillschweigend seine Zustimmung gegeben hat, was man bereits bei der erneuten Öffnung Hongkongs für die Krypto-Industrie sehen konnte. Die Emittenten aus Hongkong sind zwar klein, aber sie könnten auf dem chinesischen Festland auf eine enorme Nachfrage stoßen, insbesondere nach einem Bitcoin ETF.

Dennoch hat sich lange niemand für europäische Krypto-Produkte interessiert. Erst die ETF-Genehmigung der SEC in den USA ließ die große Euphorie entstehen. War das nicht also entscheidend?

Es ist schon komisch, wie das gelaufen ist. Vor allem die Theatralik mit neun Anträgen verschiedener Emittenten auf einmal war recht ungewöhnlich. Darüber hinaus spielte Larry Fink sicher eine wichtige Rolle in den Kreisen des demokratischen Establishments. Die gemäßigten Demokraten haben so viele Spendengelder von Sam Bankman-Fried akzeptiert, dass sie dadurch schwer beschädigt wurde. Andere Demokraten wiederum mochten Krypto generell nicht. Und so brauchte es eine starke kommerzielle Stimme wie Larry Fink, um öffentlich aufzutreten und zu sagen “Bitcoin ist okay. Tokenisierung ist Teil der Zukunft. Diese Industrie ist nicht kategorisch schlecht”, und das war wegweisend für den Krypto-Markt.

Es gibt die Theorie, dass die Bitcoin Spot ETFs den Zyklus beschleunigt und den Halving-Effekt vorverlegt haben. Glaubst du, dass wir dieses Mal aufgrund der ETFs einen anderen Zyklus sehen?

Jeder Zyklus ist anders. Es gibt bei Bitcoin heute die fundamentale Story, die makroökonomische Story und dann natürlich die Adoption-Story. Wurde ein Teil der Nachfrage nach vorne gezogen? Definitiv. Viele haben im Moment sehr hohe Erwartungen, aber auch für Bitcoin gilt das Gesetz der großen Zahlen. Allerdings ist das weit verbreitete Wissen über das Halving grundlegend für das Verständnis des Wertes von Bitcoin. Aufgrund der US-Bitcoin-ETFs, der neuen DWS-Produkte und all dieser ETPs weltweit gibt es mehr Aufmerksamkeit für das Halving und für den absolut knappen Vermögenswert Bitcoin. Die Story erreicht jetzt ein viel breiteres Publikum. Vielleicht wurde etwas vom Bitcoin-Zyklus nach vorne gezogen, aber wenn wir hier in einem Jahr wieder sitzen, wird der Bitcoin-Kurs höher sein.

Welche Dinge sind in diesem Jahr für die Krypto-Industrie besonders wichtig?

Wir fokussieren uns auf das Thema Vermögensverwaltung. Mit den ETFs und dem breiteren Produktspektrum weltweit stehen wir dabei erst am Anfang. Ich denke, dass wir in drei bis fünf Jahren eine 500 bis 600 Milliarden US-Dollar schwere Asset-Management-Branche haben, die Krypto zur akzeptierten Assetklasse macht. Ein Teil unseres Schwerpunkts ist die Tokenisierung und damit gleichzeitig das Wachstum des Krypto-Marktes insgesamt. Wir haben aktuell eine Marktkapitalisierung von etwa zwei Billionen US-Dollar. Eine Verdopplung innerhalb von 12 bis 24 Monaten halte ich dabei für möglich. Schaut man sich die Aufmerksamkeit an, die in die Bitcoin ETFs und in die Tokenisierung in den USA fließt – dann ist das ein Güterzug, der nicht langsamer wird. 

Das klingt nach einem großartigen Ausblick.

Wir sind in dieser Branche alle biased, aber wenn man den ganzen Lärm, den FTX-Skandal und so weiter ignoriert und stattdessen einfach auf das schaut, was zuletzt passiert ist und sich dann fragt: Ist Krypto ein Teil unserer Zukunft? Dann ist es wirklich schwer, intellektuell ehrlich zu sein und nicht mit “Ja” zu antworten. Und das ist ein großer Unterschied zur Situation 2017, als wir diese Reise mit Galaxy begonnen haben.

Danke für das Gespräch und deine spannenden Einblicke.

 
Source: BTC-ECHO

BTC-ECHO

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