ETF-Strippenzieher: Wird der Bitcoin-Kurs manipuliert?

Dienstag, 26.03.2024 12:30 von

Über den ETF-Handel strömt frisches Geld in den Bitcoin-Markt. Wie es scheint, mit Nebenwirkungen: Wird der Kurs manipuliert?

Tricksereien am Edelmetallmarkt sind ein offenes Geheimnis. Die Preise für Gold, vor allem Silber, stehen seit Jahrzehnten in Verdacht, durch Termingeschäfte großer Market Maker manipuliert zu werden. Ähnliche Methoden sollen auch den Kurs von Bitcoin beeinflusst haben, als der 2021 sein damaliges Rekordhoch erreichte – und kurz darauf in sich zusammensackte. Ursache dafür sollen Leerverkäufe von Long-Positionen über den kurz zuvor gestarteten Bitcoin Futures ETF von ProShares (BITO) gewesen sein. Die Indizien, die dafür sprechen, zeigen, dass es auch bei Bitcoin zu orchestrierten Kursbewegungen kommt. Durch die Zulassung der Spot ETFs im Januar könnte die Kryptowährung noch anfälliger dafür geworden sein.

Haben Leerverkäufe den Bitcoin-Kurs manipuliert?

Eine hohe Volatilität ist für den Bitcoin-Kurs typisch. Auf- und Abschläge von mehreren Tausend Dollar sind an manchen Tagen keine Seltenheit. Solche Ausschläge brodeln sich oftmals am Derivatemarkt zusammen. Darunter fallen Optionen oder Futures, auch Termingeschäfte genannt. Im Grunde handelt es sich bei ihnen um Wetten auf steigende (long) oder fallende (short) Kurse.

Im Gegensatz zum sogenannten Kassamarkt, der den direkten Handel abbildet und die Preise durch Angebot und Nachfrage reguliert, finden am Terminmarkt oftmals rein spekulative Geschäfte statt. Professionelle Investoren jonglieren mit hohen Summen, teils durch gehebelte Positionen aufgeblasen. Die Kapitalisierung kann sich dadurch vom eigentlichen Basiswert stark entkoppeln.

Im Oktober 2021 soll es zu einer Machtdemonstration dieser Mechanismen gekommen sein, die von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde. Damals kam es zu einem deutlichen Anstieg beim Bitcoin-Kurs, inklusive neuem Rekordhoch. Laut Weston Nakamura, Global Markets Editor bei Real Vision, stand das in Zusammenhang mit dem damals eingeführten Bitcoin-Futures-ETF “BITO” von ProShares. “Im Oktober 2021 gab es einen plötzlichen 40- bis 45-prozentigen Anstieg”, so Nakamura. Ursache dafür waren demnach “neu eingeführte Bitcoin Futures-gestützte ETFs, die Bitcoin-Futures erwerben mussten, um ihre ETFs zu starten”. Laut Nakamura sei der Kurszuwachs “ein künstlicher Anstieg” gewesen. Streng genommen sei nicht einmal neues Kapital in Bitcoin geflossen.

Schmetterlingseffekte am Krypto-Markt

Der Futures-ETF von ProShares verbuchte unmittelbar nach Handelsbeginn große Kapitalzuflüsse. Entsprechend viele neue ETF-Anteile wurden geschaffen. Seinen Höhepunkt erreichte die Nachfrage schließlich am 10. November. Nakamura zufolge flossen an dem Tag 1,5 Milliarden US-Dollar in den ETF, Bitcoin stieg infolge auf 69.000 US-Dollar. Anschließend sorgten Leerverkäufe von Long-Positionen für einen ebenso raschen Kurseinbruch.

Leerverkäufe entstehen, wenn Wertpapiere verkauft und zu einem späteren Zeitpunkt zurückgekauft werden. Händler spekulieren darauf, dass der Preis in der Zwischenzeit sinkt. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufpreis wird als Gewinn eingestrichen. An Terminbörsen beziehen sich Leerverkäufe auf den Verkauf von Futures- oder Optionskontrakten.

Diese Handelsstrategie verspricht große Gewinne, ist aber mit hohen Risiken verbunden. Ungedeckte Leerverkäufe, bei denen Wertpapiere nur geliehen werden, sind seit der Finanzkrise 2007 in Europa verboten. Kursmanipulationen sind es ebenfalls, die Märkte werden streng von Regulierungsbehörden überwacht. Aber auch legale Leerverkäufe können eine Art Schmetterlingseffekt in Gang setzen und Auslöser gravierender Kursdynamiken sein.

Werden schlagartig viele Futures-Kontrakte auf den Markt geworfen, könnte der Preis des Basiswerts, in dem Fall Bitcoin, künstlich nach unten gedrückt werden. Was ein negatives Sentiment schafft und andere Marktteilnehmer zum Verkauf bewegen könnte, wodurch der Preis weiter fällt, was die Gewinnspanne für Leerverkäufe wiederum erhöht.

Spielchen mit Spot ETFs

Solche Marktbewegungen sind eng miteinander verwoben und können mit entsprechendem Aufwand koordiniert werden. Wie Mark Yusko, CEO von Morgan Creek Capital Management, im Gespräch mit Anthony Pompliano meint, sei es gängige Praxis, die Marktstimmung durch Geschäfte am Terminmarkt zu beeinflussen. Sie dienen als Katalysator. Und ergänzen sich mit den im Januar zugelassenen Sport ETFs.

Auffällig sei, dass ein Großteil der Kursgewinne außerhalb der regulären Handelszeiten stattfinde. “Alle Gewinne in den Bitcoin ETFs passieren über Nacht”, so Yusko. “Was passiert, ist, dass die großen Akteure kurz vor Schluss in den Futures-Märkten verkaufen, den Preis drücken. ETFs müssen kaufen, können aber nur im letzten Moment des Tages handeln. Dann müssen sie über Nacht Bitcoin beschaffen oder am nächsten Morgen abrechnen”. Dadurch könnte der Bitcoin-Kurs in eine bestimmte Richtung gelenkt werden, Bestände günstig eingekauft oder teuer verkauft werden.

Letztlich hängen all diese Marktmechaniken miteinander zusammen. Und zeigen: Steigende oder sinkende Kurse können verschiedene Auslöser haben. Nicht immer steckt hinter einem fallenden Bitcoin-Kurs eine gesunkene Nachfrage. Das entscheidende jedoch: er trägt dazu bei, dass die Nachfrage sinkt. Insofern lässt sich der Bitcoin-Kurs zwar nicht direkt manipulieren, aber durchaus beeinflussen. Was verdeutlicht: Vom vermeintlichen Stimmungsbild am Krypto-Markt darf man sich nicht zu sehr vereinnahmen lassen.

 
Source: BTC-ECHO

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