Deutsche Börse und LSE: Die EZB schaut genau hin

Donnerstag, 12.01.2017 15:30 von

Die Fusion von Deutscher Börse und LSE ist noch lange nicht in trockenen Tüchern und könnte auch die EZB auf den Plan rufen.


Eingang der LSE in London. - © istockphoto.com / Manakin

Der geplante Zusammenschluss von Deutscher Börse und London Stock Exchange, kurz LSE, könnte eine genaue Prüfung durch die EZB erforderlich machen. Dies geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben von EZB-Chef Mario Draghi an ein Mitglied des EU-Parlaments hervor.

Sorgfältige Prüfung durch EZB möglich

In dem Schreiben verweist Draghi vor allem darauf, dass Töchter beider Konzerne Banklizenzen hätten. Aus diesem Grund könnte die Fusion zu einem Eignerwechsel bei einer Bank in der Euro-Zone führen – und das müsse die EZB sorgfältig prüfen. Hinzu kommt der angestrebte EU-Austritt Großbritanniens, da dadurch die EZB-Aufsicht über britische Marktakteure nachlassen könnte. „Daher wird es wichtig sein, Lösungen zu finden, die das aktuelle Niveau an Aufsicht und Kontrolle wenigstens aufrechterhalten oder idealerweise sogar verbessern.", betont Draghi in dem Schreiben.

Medien: IHK äußert Bedenken

Unterdessen äußerte Mathias Müller, Präsident der Industrie- und Handelskammer, kurz IHK, in Frankfurt gegenüber der „Börsen-Zeitung“ am Donnerstag Bedenken gegen die geplante Fusion. Vor allem die Standortfrage nach der Brexit-Entscheidung bereite Sorgen. „Wir müssen feststellen, dass durch das Brexit-Votum, den Beschluss einer Mehrheit der britischen Bevölkerung, aus der Europäischen Union auszutreten, ein neuer Sachverhalt entstanden ist. Da der Sitz dann außerhalb der EU liegt, muss die Standortfrage völlig neu bewertet werden.“, zitiert die „Börsen-Zeitung“ Müller. Die Landesregierung habe nur auf die Frankfurter Börse ein Durchgriffsrecht, nicht aber auf die Londoner Holding. Sobald der Zusammenschluss vollzogen sei, werde sich die internationale Börsenlandschaft weiter konsolidieren. Die neu entstandene Börse könne dann weitere Börsen übernehmen oder selbst Gegenstand eines Gebots werden. "Spätestens, wenn dieser Fall eintritt, ist die Durchgriffsmöglichkeit der Landesregierung ein stumpfes Schwert.", so Müller weiter.

Problematische Standortfrage

Im März hatten Deutsche Börse und LSE vereinbart, die Dachgesellschaft des fusionierten Unternehmens in der britischen Hauptstadt anzusiedeln. Das Tagesgeschäft solle weiterhin über die Zentralen in Eschborn und London laufen. Die Zustimmung von EU und hessischer Börsenaufsicht sind die größten noch verbleibenden Hürden für die 25 Milliarden Euro schwere Fusion. Bis zum 13. März will die EU eine finale Entscheidung darüber treffen, danach steht die Entscheidung der hessischen Börsenaufsicht aus. Zuletzt kündigte die LSE Anfang Januar den Verkauf ihrer Pariser Abrechnungs- und Abwicklungstochter Clearnet SA an, um die Chancen für eine Zustimmung zu erhöhen. Mit dem Verkauf sollten vor allem Zweifel von EU-Wettbewerbshütern und anderen EU-Staaten aus dem Weg geräumt werden. Bereits vor der Brexit-Entscheidung im Juni hatte es Widerstand gegen eine zu starke Stellung Londons gegeben. Die Austrittsverhandlungen Großbritanniens sollen im Frühjahr beginnen.

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