AIG wieder eigenständig - Staat hält nur noch 22 Prozent

Dienstag, 11.09.2012 08:44 von

NEW YORK/WASHINGTON (dpa-AFX) - Mit einem weiteren Verkauf von AIG-Aktien nähert sich die dramatischste und teuerste Rettungsaktion der Finanzkrise ihrem Ende. In der Nacht zu Dienstag konnte der Staat seinen Anteil an dem Allianz-Konkurrenten von 53 Prozent auf 22 Prozent senken und hält damit erstmals seit der Finanzkrise nicht mehr die Mehrheit an dem Konzern. Der aktuelle Verkauf von knapp 554 Millionen Aktien spülte dem Staat 18 Milliarden Dollar in die Kasse. Damit haben die USA mit der Rettungsaktion nun Geld verdient.

Es ist bereits das fünfte Mal, dass die Regierung AIG-Anteile am Markt platziert hat. Der Anteil sank so von anfangs 92 Prozent auf jetzt unter ein Viertel. In den vier Verkäufen davor hatten die USA rund 22 Milliarden Dollar eingenommen. Dazu kommen noch Erlöse, die der Versicherer aus Verkäufen von Sparten an die Regierung weitergegeben hat. Zudem hält der Staat weiterhin 317 Millionen Aktien, die derzeit am Markt mit etwas mehr als zehn Milliarden Dollar bewertet werden.

Die Regierung hatte AIG in der Finanzkrise mit insgesamt 182 Milliarden Dollar, bestehend aus Garantien und Kapitalhilfen, vor dem Untergang bewahrt. Mit dem aktuellen Verkauf senkte der Staat die Hilfen auf rund sechs Milliarden Dollar. Die Gewinne durch die Aktienplatzierungen, Einnahmen aus Spartenverkäufen, Zinsen und Gebühren summieren sich nach Angaben der Regierung jetzt auf 12 Milliarden Dollar. Dazu kommt noch der Anteil an AIG.

"AIG erst zu stabilisieren, dann umzubauen und dabei noch einen deutlichen Gewinn für die Steuerzahler zu erzielen, ist ein großartige Leistung", sagte Finanzminister Timothy Geithner nach der Platzierung laut Mitteilung. Er will sich aber nicht damit zufrieden geben. "Wir müssen die Reform der Wall Street fortsetzen, damit die amerikanische Wirtschaft nie wieder in solch eine Situation wie Ende 2008 kommt."

Die US-Regierung hatte in der größten Wirtschaftskrise des Landes seit der Großen Depression in den 1930er-Jahren insgesamt fast 13 Billionen Dollar in marode Unternehmen wie AIG, die Banken oder die Autobauer Chrysler und General Motors gesteckt. Das meiste Geld ist inzwischen zurückgeflossen. Dank der Zinsen für die Kredite und gestiegene Aktienkurse rechnet die US-Regierung sogar damit, am Ende mit einem Gewinn aus den ganzen Rettungsaktionen herauszugehen.

AIG war in den Strudel der Finanzkrise geraten, weil der Konzern die windigen Hypothekenwetten der Banken und Fonds abgesichert hatte. Das geschah durch sogenannte Kreditausfallversicherungen oder Credit Default Swaps (CDS). Ein Zusammenbruch von AIG hätte weitreichende Folgen für die gesamte Finanzwelt gehabt. Um einen Dominoeffekt zu verhindern, legte die US-Regierung das AIG-Rettungspaket auf.

Der Konzern hatte im Krisenjahr 2008 mit 99,3 Milliarden Dollar den höchsten Verlust der US-Wirtschaftsgeschichte eingefahren. Kaum ein Beobachter hätte damals damit gerechnet, dass sich das Unternehmen in absehbarer Zeit wieder berappeln würde und die Staatshilfen zurückzahlen könnte. AIG gelang das Kunststück jedoch durch den Verkauf von Tochterfirmen. Dem Versicherer kam dabei auch die Erholung der Weltwirtschaft nach der Rezession zugute.

AIG-Chef Robert Benmosche hat das Unternehmen auf das Kerngeschäft mit klassischen Versicherungen zurechtgestutzt. Überdies gehört noch die Flugzeug-Leasing-Gesellschaft ILFC zum Konzern. Seit zwei Jahren schreibt AIG wieder Gewinne. Diese Einnahmen zusammen mit den Verkaufserlösen etwa bei der Asientochter AIA ermöglicht es dem Konzern, auch selbst Aktien vom Staat zu übernehmen. AIG will vom jetzigen Paket Anteilsscheine über bis zu 5 Milliarden Dollar erwerben.

Ohne die Hilfe der US-Regierung hätte AIG das gleiche Schicksal wie der Investmentbank Lehman Brothers gedroht, die fast auf den Tag genau vor vier Jahren zusammengebrochen war und Schockwellen um den Globus schickte. Angesichts der Verwerfungen am Finanzmarkt entschieden sich die US-Regierung und die Notenbank Fed damals in dramatischen Krisensitzungen, weitere Pleiten zu verhindern./zb/das/enl/wiz

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