Um 3,9 Prozent erhöhte sich das Außenhandelsdefizit der USA 2016.
Mittwoch, 22.03.2017 15:50 von | Aufrufe: 3187

US-Defizit beim Außenhandel gestiegen: Wie reagiert Trump?

Um 3,9 Prozent erhöhte sich das Außenhandelsdefizit der USA 2016. - © istock.com / Zheka-Boss

Bis Anfang der 80er Jahre waren die USA die weltgrößte Gläubigernation. In den folgenden Jahrzehnten trieben Defizite bei Außenhandel und Haushalt die US-Verschuldung in immer neue Rekordhöhen – und auch 2016 sorgte die riesige Lücke zwischen Import und Export für ein gewaltiges Außenhandelsdefizit, wie ein Blick auf die heute vorgelegte Bilanz des US-Handelsministeriums verrät. Zwar verringerte sich das Defizit im letzten Quartal des vergangenen Jahres – auf Jahressicht hat sich die Handelsbilanz 2016 jedoch deutlich verschlechtert. Das Defizit der Vereinigten Staaten stieg im vergangenen Jahr um 3,9 Prozent und liegt jetzt bei 481,2 Milliarden Dollar, das sind etwa 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP).

Werden bald Importzölle erhoben?

Gesunkene Exportzahlen sind der Grund für den Anstieg des Defizits: Die USA exportierten 2016 Waren im Wert von rund 3,14 Billionen Dollar – 30 Milliarden Dollar weniger als im Jahr zuvor. Gegenüber ihrem Handelspartner China, dem aus Sicht der neuen US-Regierung Hauptverantwortlichen für das Defizit, konnten die USA im vergangenen Jahr jedoch an Boden gutmachen: Das Defizit beim Handel mit der Volksrepublik sank um etwa 28 Milliarden US-Dollar. Auch beim Warenaustausch mit Deutschland verringerte sich das Defizit. Das Außenhandelsdefizit zu Mexiko stieg hingegen deutlich und lag 2016 bei rund 79 Milliarden Dollar.

US-Präsident Donald Trump könnte durch das gestiegene Außenhandelsdefizit in seinen Plänen einer protektionistischen Wirtschaftspolitik – diskutiert werden Importzölle auf ausländische Waren – womöglich bestärkt werden. Trump und seine Berater betrachten den Welthandel als unfair. Peter Navarro, wichtigster Wirtschaftsberater des Präsidenten, hatte in einem im Januar in der „Financial Times“ veröffentlichten Interview Deutschland vorgeworfen, seine Handelspartner mithilfe eines „grob unterbewerteten“ Euro „auszubeuten“.

Obama hinterlässt ein schwieriges Erbe

Die Bewertung der negativen Handelsbilanz als Wachstumshindernis durch die neue US-Regierung steht im Kontrast zu früheren Einschätzungen von Vorgängerregierungen und US-Ökonomen: Lange galt in den USA das Mantra der sogenannten „asset-based, wealth-driven economy“ – Kapitalakkumulation, die durch schuldenfinanzierten, exzessiven Konsum angetrieben wird, wie der österreichische Ökonom Fredmund Malik in seinem Buch Die General-Management-Funktionen ausführt.

Paul O’Neill, Finanzminister der Regierung unter George W. Bush, hielt das Außenhandelsdefizit der USA noch für irrelevant – erst die Nachfolgeregierung Barack Obamas deutete das Ungleichgewicht als strukturelles Problem für die US-Wirtschaft. Obamas Bemühungen um eine ausgeglichene Bilanz waren nicht allzu erfolgreich: 2015 lag das US-Defizit über dem Schnitt der Vorjahre – mit dem erneuten Anstieg 2016 hinterlässt Obama seinem Nachfolger Donald Trump ein schwieriges Erbe.

Trumps Pläne: Segen oder Fluch für die US-Wirtschaft?

Ob dessen angekündigte protektionistische Maßnahmen Segen oder Fluch für die US-Wirtschaft sein werden, ist unter Experten umstritten. Von 70 Wirtschaftswissenschaftlern, die die Nachrichtenagentur Reuters im Januar befragte, hatten mehr als zwei Drittel die von Trump geplante Abschottung als Hauptrisiko für die US-Wirtschaft bezeichnet. Beschränkungen beim Handel könnten die Gewinne von US-Unternehmen schmälern, Investitionen drosseln und die Preise für Verbraucher steigen lassen, so die Sorge vieler Ökonomen.

Und dann sind da noch die Experten, die trotz des Ungleichgewichts zwischen Import und Export gar keinen Handlungsbedarf sehen: In einem von CNN Money zitierten Beitrag für das Magazin „Foreign Affairs“ erklärte der frühere Reagan-Berater Douglas Irwin, dass defizitäre Handelsbilanzen nicht zwangsläufig mit wirtschaftlicher Schwäche einhergingen – Australien beispielsweise, so Irwin, sei trotz seines jahrzehntelangen Defizits beim Außenhandel wirtschaftlich stabil.


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