Am 4. März finden in Italien die Parlamentswahlen statt. Und wieder reden viele Beobachter von einem Schicksalstag für Europa. Gar von einem „Countdown ins Chaos“ schreibt der „Stern“. Denn die volkswirtschaftlichen Herausforderungen des Landes sind enorm. So verharrt die italienische Staatsverschuldung zwar wegen des anziehenden Wirtschaftswachstums, das die EU auf unterdurchschnittliche 1,5% für 2018 taxiert, auf stabilem Level. Allerdings befinden sich die wirtschaftlichen Kennzahlen allesamt auf sehr hohem Niveau. Mit 2,3 Bill. € oder horrenden 132% des BIPs weist Italien die weltweit dritthöchste Staatsverschuldung auf und mit gut 15% an der Gesamtkreditsumme bilden Problemkredite einen dreimal so hohen Anteil wie im Durchschnitt der Währungsunion. Zieht man die Rückstellungen ab, so haben die faulen Kredite laut der italienischen Zentralbank ein Volumen von 81 Mrd. €. Und die Jugendarbeitslosigkeit ist mit 32,2% weiterhin extrem hoch.
Auf die Parteien, die um den Einzug ins Parlament ringen, warten also riesige Herausforderungen. Aber nicht die wirtschaftliche Lage ist es, die zentrales Thema des Wahlkampfes geworden ist. Nach Schlagzeilen über einen angeblich von einem Nigerianer verübten Mord und den darauffolgenden Schüssen eines Neofaschisten auf dunkelhäutige Menschen in der Kleinstadt Macerata dreht sich alles um das Thema Sicherheit. Natürlich ist dies ein wichtiges Thema. Aber den großen wirtschaftlichen Problemen scheint keine Partei in Italien gerecht zu werden. Ein Macron à la Italiana ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, sinnvolle Reformen der früheren italienischen Regierungen Monti und Renzi, etwa in puncto Rente und Arbeitsmarkt, werden infrage gestellt. Von Steuersenkungen bis Grundeinkommen würden „vor allem Wahlgeschenke“ versprochen, beobachtet die Konrad-Adenauer-Stiftung. Anders ausgedrückt, die Parteien versprechen dem Wahlvolk das „Azurblaue vom Himmel“ herunter.
Dabei ist völlig unklar, wer Italien künftig regieren wird. Denn drei ähnlich starke Lager stellen sich zur Wahl. Stärkste Einzelpartei könnte die populistische, europafeindliche Bewegung „Fünf Sterne“ werden. Aber auch die Rechtspopulisten der Lega Nord konnten in den aktuellen Umfragen deutlich zulegen. Und dann ist da noch Silvio Berlusconi. Auf den Wahlplakaten seiner Forza Italia steht zwar „Berlusconi Presidente", obwohl er bis Ende 2019 als verurteilter Steuerhinterzieher gar kein politisches Amt bekleiden darf. Man darf also gespannt sein auf den 4. März und das Ergebnis der italienischen Parlamentswahl – zumal das auch noch der Tag ist, an dem das Ergebnis des Mitgliedervotums der SPD bekanntgegeben werden soll.
Für beide Ereignisse wappnet man sich bereits in Brüssel. Die EU-Kommission bereite sich auf mögliche Turbulenzen an den Finanzmärkten nach der Italien-Wahl und dem SPD-Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag in Deutschland vor, hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei einer Diskussionsveranstaltung zunächst verraten, um das Gesagte danach wieder zurückzuziehen. Nein, so sollte seine Aussage nicht fehlinterpretiert werden, betonte Juncker. Des Weiteren merkte er noch an, dass es seines Erachtens nach der Wahl in Italien eine handlungsfähige Regierung geben werde.
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