Samstag, 20.01.2018 13:30 von Klaus Stopp | Aufrufe: 354

Rückt die Zinswende ein bisschen näher?

Jens Weidmann lässt nicht locker. Zum wiederholten Male hat der Bundesbankpräsident seine grundsätzliche Kritik am Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB), das durch die nationalen Notenbanken umgesetzt wird, geäußert. Die Käufe hätten nicht vernachlässigbare negative Nebenwirkungen, sagte Weidmann der FAZ. Schließlich sind die Zentralbanken auf diese Weise zu den größten Gläubigern der Staaten geworden. Über alle Assetklassen sind bisher ca. 2,3 Billionen € in Wertpapierkäufe geflossen. Das ist kein Pappenstiel! Deshalb drängt Weidmann, der im Herbst 2019 Mario Draghi an der EZB-Spitze gegebenenfalls beerben könnte, auf ein Ende der milliardenschweren Ankäufe noch in diesem Jahr. Damit geht die Debatte über das Ende der Anleihekäufe in der Eurozone in eine neue Runde. Wie lange die Geldschleusen geöffnet bleiben, ist aber weiterhin ungewiss.

 

 

Rückendeckung erhält Weidmann unter anderem von Estlands Notenbank-Chef Ardo Hansson. Nach dessen Überzeugung könnten die Ankäufe nach dem September 2018 abrupt beendet werden, ohne dass dies die Märkte stark beeindrucken würde. Auch Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny hätte keine Probleme damit, die Ankäufe 2018 auslaufen zu lassen, wenn die Konjunktur weiter mitspielt. Dagegen vertritt EZB-Vizepräsident Vitor Constancio das Lager der Vertreter einer expansiven Geldpolitik. Nach seiner Lesart hat sich die EZB zwar mit der Halbierung der monatlichen Anleihekäufe auf ein neues wirtschaftliches Umfeld und eine kommende, höhere Inflation eingestellt. Das bedeute aber nicht, dass die Geldpolitik nicht für lange Zeit konjunkturunterstützend bleiben wird, sagte er dem Handelsblatt.

 

 

 

Die Frage ist nun, welche Seite die Oberhand gewinnen wird. Bekanntlich hat sich ja EZB-Chef Mario Draghi nicht eindeutig geäußert, wie es ab Oktober mit der Ausrichtung der Notenbank weitergehen wird. Misst man Draghi an seinen eigenen Worten, müssten ihm eigentlich so langsam die Argumente für eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik ausgehen. Die Konjunktur brummt und die Inflation hat sich mit 1,8% im Jahr 2017 zumindest in Deutschland der Zielmarke von 2% stark genähert. Hielte diese Entwicklung an, würden sich die Spielräume der EZB einengen – und der Druck im Hinblick auf eine straffere Geldpolitik zunehmen.

 

 

 

Nachdem man am Markt bisher von einer echten Zinswende vielfach erst für Mitte 2019 ausgegangen war, ist man nach entsprechenden Äußerungen von Notenbankern wie Weidmann aber nun nicht mehr so sicher. Inzwischen konzentrieren sich die Erwartungen an eine Zinsanhebung auf das Frühjahr kommenden Jahres. Manche rechnen sogar mit dem Dezember 2018. Immerhin, die Hoffnung auf eine etwas frühere Zinswende ist da.

 

 

 

Indessen ist das Ankaufsvolumen in der zweiten gegenüber der ersten Januar-Woche wieder deutlich angestiegen. Im Wochenvergleich nahm der Umfang von 2,9 Mrd. € auf rund 10 Mrd. € zu. Insbesondere der Anteil von Corporate Bonds hat hier zugelegt und damit wurden die Erwartungen bestätigt, weil die selbst gesteckten Obergrenzen bei den Staatsanleihen fast erreicht sind. Folglich wird dadurch die relative Bedeutung der Unternehmensanleihen erhöht, was wiederum Fragen nach deren Auswahl aufwirft.



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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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