Freitag, 09.03.2018 20:43 von Klaus Stopp | Aufrufe: 232

Italien vor politischer Hängepartie

Die Lähmung in der deutschen Politik werde von der Lähmung in Italien abgelöst, schrieb das Wall Street Journal mit Blick auf den vergangenen Sonntag. Da hatte das SPD-Mitgliedervotum endlich den Weg zu einer Regierungsbildung in Deutschland freigemacht, während der Wahlausgang in Italien den Beginn einer Paralyse eingeläutet hat. Sicher dürfte sein, dass den Italienern ein quälend langer Prozess der Regierungsbildung bevorsteht. Denn zwischen der stärksten Gruppierung, der Fünf-Sterne-Bewegung, und der rechtsgerichteten Lega liegen politische Welten. Beide aber machen ihren Führungsanspruch geltend und beide sind als populistisch zu bezeichnen.

 

 

Kritisch ist für Europa, dass sich beide Seiten europakritisch geben. Undank ist der Welten Lohn, mag man hier aus europäischer Sicht denken. Denn ausgerechnet der Italiener Mario Draghi hat in seiner Funktion als Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) mit seiner Niedrigzinspolitik insbesondere Ländern wie Italien in der Schuldenkrise jede Menge an Zeit erkauft – und das zum Verdruss der Finanzindustrie in den „Nordländern“. Tatsächlich aber hat insbesondere Italien die Zeit nicht genutzt, um Reformen anzupacken. Die Verschuldung der drittgrößten Volkswirtschaft in Europa liegt bei 132% des BIPs, die Jugendarbeitslosigkeit bei über 31% und da nutzt auch das stärkste wirtschaftliche Wachstum seit 2010 nicht wirklich viel. Zu groß sind die strukturellen Schwierigkeiten in Italien. Das Wahlergebnis macht noch einmal deutlich, dass die italienische Misere ein europäisches Problem ist. Könnte sich doch von dort aus der Spaltpilz weiterverbreiten. Deshalb muss die Europäische Union unter Führung von Deutschland und Frankreich die Zeit bis zur Europa-Wahl 2019 nutzen, die Euro- und die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen. Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht, weil eine boomende Konjunktur in vielen Ländern für Jobs und Steuern sorgt und die Zahl der Flüchtlinge abnimmt.

 

 

 

Zunächst aber steht Italien eine weitere Hängepartie bevor. Königsmacher könnte ausgerechnet die noch regierende sozialdemokratische Partei werden, die unter Matteo Renzi eine historische Niederlage eingefahren hatte. Der hat aber in Erinnerung an Martin Schulz schon mal angekündigt, in die Opposition gehen zu wollen. Am 23. März, wenn das Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammentrifft, können offiziell Koalitionsgespräche beginnen. Kommt an deren Ende keine Regierung zustande, bliebe Staatspräsident Sergio Mattarella die Möglichkeit, Neuwahlen auszurufen. Aber was sollte sich dann ändern?



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Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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