Donnerstag, 08.03.2018 16:00 von Klaus Stopp | Aufrufe: 225

Ein Spiel aus Drohung und Gegendrohung

Gary Cohn schmeißt hin. Im Streit um die von seinem Präsidenten favorisierten Strafzölle verlässt der Chefökonom das Weiße Haus. Und weil Cohn, Mitglied der Demokraten, der wichtigste Wirtschaftsberater von D. T., dem Unberechenbaren, war, reagierten die Märkte sofort. Dies zeigt, wie groß die Hoffnung der Investoren gewesen ist, dass der ehemalige Vizechef von Goldman Sachs als letzte Stimme der wirtschaftspolitischen Vernunft den sprunghaften Trump mit seinem aggressiven Handelsansatz einhegen könnte.

 

Cohns Abgang aber ist nun ein Signal dafür, dass es ihm nicht gelungen ist, seinen Präsidenten von Strafzöllen auf Aluminium und Stahl und damit von dem Weg in einen Handelskrieg abzuhalten. Auch der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, der Republikaner Paul Ryan, hatte zuvor dem US-Präsidenten von den Strafzöllen abgeraten und weitere 100 republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses appellierten in einem offenen Brief an die Vernunft von D.T. - welche Vernunft? Denn es besteht die Gefahr, dass Vergeltungsmaßnahmen anderer Staaten in den USA bis zu 150.000 Jobs vernichten. Die Wege des mächtigsten Mannes im Weißen Haus sind eben unergründlich und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass damit auch Wahlhilfe für den republikanischen Kandidaten bei einer Sonderwahl am kommenden Dienstag im Bundesstaat Pennsylvania, einem traditionellen Stahl-Standort, betrieben werden soll.

Dabei ist Cohn, der als Architekt von Trumps Steuerreform gilt, nicht der einzige, der vor kurzem dem Präsidenten den Rücken gekehrt hat. Zuletzt musste Stabssekretär Rob Porter gehen, dann schmiss Kommunikationschefin Hope Hicks hin, die als Trumps rechte Hand galt. Wenn der Präsident dann auch noch zu witzeln versucht, indem er fragt, wer wohl als nächstes gehe und dabei den Namen seiner Ehefrau Melania ausspricht, dann verdeutlicht dies nur, wessen Geistes Kind er ist. Zumal dies nicht der rechte Zeitpunkt für Scherze ist und es um das Funktionieren der immer noch mächtigsten Nation der Welt geht.

Noch ist nicht klar, wie genau die US-Strafzölle auf ausländischen Stahl und Aluminium aussehen sollen. Bisher ist es ein Spiel aus Drohung und Gegendrohung. Sollte etwa die Europäische Union mit Gegenmaßnahmen reagieren, wie sie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker angekündigt hat, würden die USA „zurückschlagen“, polterte Trump. Dann würde man eben europäische Autos mit einer Steuer von 25% belegen. Dass es Einfuhrzölle auf beiden Seiten des Atlantiks gibt, ist ja unbestritten. Und die sind auch nicht immer gleich hoch. So belegt die EU importierte Autos mit 10%, die USA nur mit 2,5%. Umgekehrt ist es etwa bei Tabak.

Trump stößt sich am riesigen Handelsdefizit, das sich im Januar des Jahres so stark ausweitete wie seit neun Jahren nicht mehr. Insbesondere gegenüber China und Deutschland fordert er eine deutliche Reduzierung des Handelsüberschusses. Im gleichen Atemzug stellt er allerdings auch in Aussicht, dass falls die EU einige ihrer „furchtbaren Hürden“ abbauen würde, man ja anfangen könne zu reden. Wie er das meint, ist nicht ganz klar. Denn wenn sich eine Nation im Welthandel übervorteilt sieht, gibt es bei der Welthandelsorganisation (WTO) einen geordneten Prozess der Schlichtung. Ob Trump diesen etablierten Weg beschreiten würde, ist fraglich. Hat er doch selbst die WTO infrage gestellt und mit einem Austritt der USA gedroht. Aber vielleicht benutzt er auch schon bald das Argument der nationalen Sicherheit, um Ausnahmen zu gestatten.

Was aber schon jetzt klar ist: Einfuhrzölle, etwa auf Stahl, würden Produkte teurer machen. Und den Preis dafür zahlen am Ende die Verbraucher – auf beiden Seiten des Atlantiks. Daneben droht die Gefahr sinkender Handelsvolumina und eines geringeren Wirtschaftswachstums. Am Ende hätte man also das, was schon immer das Resultat einer protektionistischen Wirtschaftspolitik gewesen ist: Verlierer auf allen Seiten.

 

 

 

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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