Donnerstag, 20.07.2017 13:13 von Klaus Stopp | Aufrufe: 194

Draghi und die Kunst des Eierlaufens

Zum Abschluss des zweitägigen EZB-Ratstreffens hat Mario Draghi am heutigen Donnerstag die Gelegenheit, seine Gedanken bezüglich der zukünftigen Ausrichtung der Geldpolitik - im Rahmen einer Pressekonferenz - der gespannten Zuhörerschaft mitzuteilen. Als er Ende Juni auf der Konferenz im portugiesischen Sintra einen ersten Einblick gewährt hatte, kam es an den Finanzmärkten zu heftigen Reaktionen. Ob der EZB-Chef mit seinen Äußerungen nur die Stabilität der Märkte testen wollte oder schlichtweg zu euphorisch war, kann nur er selbst beantworten. Dennoch weiß Draghi seit dieser Veranstaltung, was er tunlichst nicht sagen sollte!

 

Somit steht er heute vor einer sehr heiklen Mission: Einerseits den Kurswechsel zu kommunizieren, aber andererseits möglichst keine oder nur geringe Reaktionen hervorzurufen. Vielleicht wäre in diesem Fall das Motto „Reden ist Silber und Schweigen ist Gold“ wieder mal das einzig Richtige. Die Kunst des Sprechens liegt also manchmal nicht darin, was man sagt, sondern eher darin, was man nicht sagt. Dadurch bliebe die Phantasie erhalten und Super-Mario könnte sich bis zum 7. September überlegen, wie er eine Schockreaktion verhindern will. In diesem Zusammenhang wird auch sehr häufig auf seine anstehende Rede (Ende August) bei der von der US-Notenbank veranstalteten Konferenz in Jackson Hole verwiesen. Bei seiner bisher letzten Rede vor diesem Auditorium hatte er im August 2014 den massiven Ankauf von Anleihen angekündigt. Vielleicht schließt sich in diesem Jahr der Kreis dahingehend, dass er nach drei Jahren in seiner Rede an gleicher Stelle das Ende verkünden wird.

Somit wird das zentrale Anliegen der heutigen Sitzung sein, die Erwartungen auf die September-Sitzung der EZB zu lenken und den Ausstieg vorsichtig in Aussicht zu stellen. Untermauert werden könnte dies durch das Streichen der Formulierung: „falls erforderlich, die Anleiheankäufe auszuweiten“. Es liegt also noch ein weiter Weg vor dem jetzigen und zukünftigen EZB-Präsidenten, und manches erinnert hierbei an das auf Kindergeburtstagen beliebte Spiel des Eierlaufens. Auch dabei kommt es auf Geschicklichkeit an, und man muss sich entscheiden, ob man eher langsam oder schnell das Ziel erreichen will. Denn zu viel Zeit sollte man sich seitens der Notenbanker nicht lassen, um im Falle einer notwendigen Unterstützung durch die Geldpolitik wieder Möglichkeiten zu haben. Als Vorbild dient hierbei sicherlich die US-amerikanische Notenbank Fed, aber nicht die Bank of Japan.

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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