Auch lanfgristig orientierte Anleger könnten von der Börsensteuer betroffen sein.
Montag, 04.09.2017 15:58 von | Aufrufe: 7094

Finanztransaktionssteuer erklärt: Definition und aktueller Stand der Abgabe auf Börsengeschäfte

Auch lanfgristig orientierte Anleger könnten von der Börsensteuer betroffen sein. - © istock.com / wutwhanfoto

Die Finanztransaktionssteuer (engl. financial transaction tax, kurz FTT) ist eine Steuer auf Finanztransaktionen. Seit Jahren wird über die Einführung der Abgabe diskutiert; zuletzt blockierte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Börsensteuer auf EU-Ebene. Durch die Finanztransaktionssteuer würden Wertpapiertransaktionen – beispielsweise der Handel mit Aktien, Anleihen oder Derivaten – mit 0,1 bis 0,01 Prozent besteuert werden. Für den Handel mit Derivaten würde dabei der Minimalsatz von 0,01 Prozent gelten; der Handel mit Aktien könnte mit 0,1 Prozent besteuert werden.

Auch Fonds und ETFs wären betroffen

Vor allem Anleger wie Daytrader, die kurzfristig auf Wertschwankungen spekulieren und geringe Kursunterschiede ausnutzen, wären von einer Einführung der Abgabe betroffen. Doch auch Sparer, die langfristig in Wertpapiere investieren, müssten durch eine Finanztransaktionssteuer womöglich Einbußen hinnehmen: So würde die Börsensteuer auch bei Wertpapiertransaktionen innerhalb von aktiv gemanagten Investmentfonds zu Buche schlagen und deren Performance schmälern. Das gilt sogar für Investmentfonds mit niedriger Handelsfrequenz: Ob dem Fondsvermögen Anlegergeld zufließt oder Investoren ihre Anteile an die Fondsgesellschaft zurückgeben –  beides führt auf Seiten des Fondsmanagements zu Transaktionen.

Der deutsche Fondsverband BVI taxierte die mögliche Belastung für Sparer in einem Rechenbeispiel, bei dem eine monatliche Einzahlung von 100 Euro mit 40-jähriger Laufzeit und einer durchschnittlichen Rendite von 5 Prozent p.a. zugrunde gelegt wurde, auf mehrere tausend Euro. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine von der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zitierte Modellrechnung der Fondsgesellschaft Union Investment, die die Ertragsminderung für einen Zeitraum von 20 Jahren auf 1.800 Euro bezifferte.

Ebenso würde eine Finanztransaktionssteuer die Performance von passiven Investments wie ETFs senken – abhängig von der Replikationsmethode des jeweiligen Indexfonds. Vor allem physisch replizierende ETFs, also ETFs, welche die Indextitel vollständig kaufen und beispielsweise direkt in DAX-Titel investieren, dürften dabei den Kürzeren ziehen. Bei synthetischen Swappern – also derivativ replizierenden ETFs – dürfte sich der Performanceverlust hingegen in Grenzen halten.

Bundestagswahl: So stehen die Parteien zur Börsensteuer

Im Gespräch ist die Finanztransaktionssteuer seit 2008. Befürworter wollen damit kurzfristige Spekulationsgeschäfte – die als mitverantwortlich für die Finanzkrise gelten – eindämmen und so die Stabilität der internationalen Finanzmärkte erhöhen. Nachdem eine weltweite Einführung der Börsensteuer gescheitert war, sollte die Abgabe auf EU-Ebene eingeführt werden. Zuletzt erteilten Estland und Frankreich den Plänen eine Absage.

Obwohl eine Umsetzung der Börsensteuer auf EU-Ebene derzeit problematisch scheint: Mehrheitlich halten die bundesdeutschen Parteien an der Abgabe fest. So spricht die Union in ihrem Programm für die Bundestagswahl davon, „im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit mit anderen EU-Staaten“ die Steuer einführen zu wollen. „Wettbewerbsverzerrungen“ für den Finanzplatz Deutschland wolle man bei der Umsetzung vermeiden, heißt es weiter im Programm. Ebenso befürwortet die SPD die Einführung der Steuer im Rahmen der „europäischen Kooperation“. Auch die Grünen setzen sich für die Börsensteuer ein, um den „Hochfrequenzhandel“ auszubremsen, betonen aber, dass langfristige Anleger dadurch keinen Nachteil erleiden dürften.

Linke will mit Börsensteuer „sozial-ökologischen Umbau“ Deutschlands finanzieren

Die Linke befürwortet die Steuer in ihrem Programm zur Bundestagswahl und will damit die „Spekulation auf den Finanzmärkten“ eindämmen. Die Partei spricht von einem Steuersatz von 0,1 Prozent „bei jeder Finanztransaktion“ – der geringe Steuersatz von 0,01 Prozent beim Derivate-Handel würde demnach nicht gelten. Und auch die Einnahmen aus der Steuer sind im Programm der Linkspartei bereits verplant: Eine „nachhaltige Entwicklung in den Ländern des Südens“, Klimaschutz und der sozial-ökologische Umbau des Industriestandorts Deutschland sollen damit finanziert werden.

Während sich die AfD als einzige Partei in ihrem Programm nicht zur Börsensteuer äußert, stellen sich die Freien Demokraten klar gegen ihre Einführung: Neue Steuern wie z. B. eine Finanztransaktions- oder Vermögenssteuer soll es mit der FDP demnach nicht geben.


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