Hyperinflation 1923: Ein Fünfzig-Millionen-Mark-Schein der Reichsbank.
Dienstag, 13.03.2018 11:25 von | Aufrufe: 6295

Bitcoin vs. Gold: Kryptowährungen als Krisenwährung?

Hyperinflation 1923: Ein Fünfzig-Millionen-Mark-Schein der Reichsbank. - © MaxKoehler / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

Gold – das Edelmetall wird seit Jahrtausenden genutzt und gilt heute als krisensicherer Geldersatz. Doch in der Kryptowährung Bitcoin, die 2008 erstmals beschrieben und 2017 zum Massenphänomen wurde, sehen manche die bessere Krisenwährung. Dabei ähnelt sich der Grundgedanke von Gold-Anlegern und jenen Krypto-Jüngern, die im Bitcoin mehr als den schnellen Gewinn sehen:  Die Assets gelten bei ihnen als Absicherung gegen Crashs an den Finanzmärkten, den möglichen Zusammenbruch des Geldsystems und als Gegenentwurf zur Fiatgeld-Schwemme von EZB und Fed. Zahlreiche Experten pflichteten dieser Überzeugung in der Vergangenheit bei: Daniel Saurenz, Experte bei Feingold Research, erklärte gegenüber der „Frankfurter Rundschau“, dass das Krypto-Geld für „etliche Anleger“ ein sicherer Hafen sei, der „in unsicheren Zeiten angesteuert“ werde.  Berenberg-Analyst Ali Farid Khwaja sah in Bitcoin vor einigen Jahren einen möglichen „Wertspeicher bei Krisen, Hyperinflation oder exzessivem Gelddrucken“.

Korrelation zwischen Gold und Aktien

Widmen wir uns zunächst der Frage, wie sich der Goldpreis bei Rückschlägen an den Aktienmärkten verhält. Wenn die Kurse purzeln, steigt der Goldpreis, so die weitverbreitete Überzeugung.  Diese negative Korrelation, also eine Wechselbeziehung zwischen fallenden Aktien- und steigenden Goldpreisen, war in der Vergangenheit schon oft zu beobachten, beispielsweise im August 2015, als die Aktienmärkte weltweit abstürzten und der Goldpreis auf 1.750 US-Dollar kletterte:

© ARIVA.DE – Chartvergleich Dow Jones / Goldpreis (relativ)

Während Investoren damals aus Sorge vor einem Übergreifen der EU-Schuldenkrise auf Länder wie Spanien oder Italien den sicheren Hafen Gold ansteuerten, gab es in anderen Perioden auch gleichgerichtete Bewegungen der Assets. Durch externe Faktoren kann sich die Beziehung zwischen Gold und Aktien ändern, als Beispiel sei die Trump-Präsidentschaft genannt:  Mit seiner Politik der Steuersenkungen und Deregulierungen gab der Präsident den Aktienmärkten Auftrieb – zugleich trieb die Sorge vor militärischen Konflikten und Handelskriegen Anleger ins Gold. Auf lange Sicht bewegt sich die Korrelation zwischen dem Goldpreis und Aktienindizes wie dem MSCI Emerging Markets, dem S&P 500 oder dem Dow Jones im Bereich von minus 0,1 bis plus 0,2 – eine ausgesprochen niedrige Korrelation.

Wie korreliert Bitcoin mit anderen Assets?

Die junge Historie und die bisher parabolische Aufwärtsbewegung  der Kryptowährung machen es schwer, eine Aussage über die künftige Korrelation zu treffen – aktuell ist die Beziehung zu anderen Assets äußerst schwach ausgeprägt. Sifr Data, ein Analyseportal für Kryptowährungen, taxiert die Bitcoin-Gold-Korrelation aktuell auf 0,05. Demnach korrelieren diese Assets nicht miteinander. Bei den Aktien sieht es etwas anders aus. Für die Korrelation zwischen Bitcoin und dem S&P 500 weist die Korrelationsmatrix einen Wert von 0,12 aus, was einer schwachen, aber dennoch vorhandenen positiven Korrelation entspricht.

Mit Blick auf die zeitgleichen starken Kursrückgänge der Assets Anfang Februar, als der Dow Jones von über 26.400 auf fast 24.000 Punkte und der Bitcoinkurs von rund 12.000 auf unter 7.000 US-Dollar fiel, könnte man einen anderen Eindruck gewinnen. Jedoch sollte man dabei die Ursachen der Rücksetzer nicht außer Acht lassen: Zahlreiche Experten führten den Kurseinbruch am Aktienmarkt auf dessen Überbewertung zurück – beim Bitcoin waren es stattdessen Nachrichten über Regulierungsbestrebungen, die zur gleichen Zeit den Kurs drückten. Halten wir fest: Sowohl Gold als auch Bitcoin korrelieren auf einem äußerst niedrigen Niveau mit Aktien – die für Gold oft angenommene negative Korrelation zum Aktienmarkt besteht bei keinem der beiden Assets. Korrekturen oder Crashs am Aktienmarkt sind das eine, „echte“ Krisen wie Hyperinflation, Kriege oder der Zusammenbruch des Geldsystems das andere. Bieten Gold und Bitcoin Schutz?

Was taugen die Assets, wenn es ernst wird?

Zwar ist Gold, falls physisch und kleinteilig (z.B. in Münzform) vorhanden, besser als andere Vermögenswerte gegen staatliche Zugriffe geschützt. Falls Staaten jedoch Goldverbote, die in allen Epochen wiederholt vorkamen, rigoros durchsetzen, haben selbst diejenigen schlechte Karten, die ihre Krügerrands im Tresor horten: Im Zuge des US-Goldverbots 1933 wurde das Aufbrechen privater Bankschließfächer legalisiert; Goldbesitzern drohten Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Allein im 20. Jahrhundert kam es in Deutschland ganze dreimal zu Goldverboten: 1923 in der Weimarer Republik, nachdem das Vertrauen in die Reichsmark gebrochen war und die Deutschen ins Gold flohen; 1936 dann unter den Nationalsozialisten und 1945 durch die Besatzungsmächte. Könnte so etwas auch mit Bitcoins passieren? Das Blockchain-System selbst ist sicher. Der Private Key, das Passwort zum Bitcoin-Konto, könnte zwar eine Angriffsfläche bieten – doch Verschlüsselungstechniken und der Umstand, dass Bitcoins ausschließlich in nicht-physischer Form existieren, stellen in punkto Konfiszierungsrisiko einen Vorteil gegenüber den Edelmetallen dar.

Heute sind sowohl Gold als auch Bitcoin fast ständig und – im Falle des Bitcoin aufgrund der digitalen Beschaffenheit – überall handelbar. In Extremszenarien könnte diese Internet-Abhängigkeit ein Problem darstellen, und auch die geringe Akzeptanz der Kryptowährung als Zahlungsmittel spricht gegen ihren Status als Krisenwährung. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten Zigaretten nur deshalb als Währung dienen, weil sich eine ausreichende Zahl an Menschen darauf verständigt hatte. Dem Gold wurde seit Menschengedenken ein Tauschwert zugesprochen. Von diesem über Jahrhunderte gewachsenen Vertrauen ist das Krypto-Geld weit entfernt. Schon heute versetzen seine Preisschwankungen Finanz-Laien in Angst und Schrecken – im Krisenfall dürfte das kaum anders sein.

Bitcoin: Seltenes Gut oder digitales Fiatgeld?

Der Glaube an die Werthaltigkeit des Goldes rührt unter anderem von dessen Seltenheit her. Seine Menge ist geologisch begrenzt, und das Edelmetall muss mit hohem Aufwand der Erde entrissen werden. Bitcoins sind zwar nicht geologisch, dafür aber mathematisch limitiert. Die maximal verfügbare Zahl beträgt 21 Millionen und wird Berechnungen zufolge im Jahr 2140 erreicht sein. Sowohl das Schürfen von Gold als auch das „Schürfen“ der Digitalwährung sind aufwändig: Die Produktionskosten für eine Unze Gold belaufen sich auf rund 900 US-Dollar, während das Mining eines Bitcoin mittlerweile mit mehreren tausend US-Dollar zu Buche schlägt und durch die immer schwieriger werdende Berechnung zunehmend teurer wird.

Das Problem bei der vermeintlichen Seltenheit des Krypto-Geldes, so konstatierten beispielsweise die Analysten des Fondsanbieters Banque de Luxembourg Investments (BLI), ist die unendliche „Zahl potenziell konkurrierender Kryptowährungen“. Das Portal CoinMarketCap.com verzeichnet mittlerweile mehr als 1.550 verschiedene Kryptowährungen, die sich in Aspekten wie z.B. der Transaktionsgeschwindigkeit, Akzeptanz oder Anonymität unterscheiden. Auf das Asset Gold übertragen ist das so, als gäbe es eine unbekannte, unbegrenzte Zahl an Varianten des glänzenden Metalls und als stünde nicht fest, dass die Goldvorkommen auf der Erde (etwa vier Gramm pro 1000 Tonnen Gestein der Erdkruste) endlich sind. Ob Bitcoin seinen jetzigen Status als Krypto-Leitwährung behält, steht in den Sternen – es sei nur noch „eine Frage der Zeit“, hieß es jüngst in einem Artikel des Finanzmagazins „Motley Fool“, bis die Kryptowährung Litecoin den Bitcoin überhole.


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Das bessere Gold?

Ist Bitcoin also das bessere Gold? Zumindest ein paar Punkte sprechen dafür, dass das Krypto-Geld auf lange Sicht krisentauglich werden könnte: seine deflationäre Natur, seine geringe Abhängigkeit vom Aktienmarkt, seine Handelbarkeit. Dagegen sprechen der fehlende Schutz vor komplettem Wertverlust, sollte der Bitcoin durch andere Kryptowährungen abgelöst werden, und die aufgrund der jungen Historie digitaler Währungen bisher niedrige Akzeptanz des Krypto-Geldes. An die Krisentauglichkeit des Edelmetalls kommt der Bitcoin bisher nicht heran – dafür eignet er sich als Asset, das aufgrund seiner kaum vorhandenen Korrelation mit allen anderen Anlageklassen zur Diversifikation des Portfolios eingesetzt werden kann.

Weitere Beiträge, Infos und Kolumnen zu Edelmetallen finden Sie in unserem Themenspecial.

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