Ich darf mich wieder einmal melden. Gleich vorweg möchte ich klar stellen, dass ich bis heute investiert bin und hier im Forum mitgelesen habe. Das Niveau ist teilweise so unterirdisch, weshalb ich mitteile, dass mein Beitrag ausschließlich für die „Investierten und normalen Leuten bestimmt ist.
Die bis dato veröffentlichen Zahlen von Steinhoff (auch bzgl. Q 1 2017/2018) kenne ich, auch die Zahlen der Vorjahre - soweit veröffentlicht - kenne ich bzw. habe mich damit ausführlich schon befasst. Als studierter Betriebswirt mit langer Berufserfahrung in der Kreditsanierung einer Bank weiß ich sehr gut, wie Bilanzen auszulegen sind, und worauf es bei der Firmensanierung ankommt. Natürlich habe ich mich auch mit der Bankenpräsentation sowie mit den weiteren offiziellen Mitteilungen akribisch befasst. Ich habe versucht, mich gedanklich in die Lage der neuen Geschäftsleitung zu setzen. Vor einigen Jahren habe ich die Sanierung eines nicht börsennotierten Handelsunternehmens mit einer erheblichen Anzahl von Mitarbeitern begleitet und auch daraus einiges gelernt.
Ein Unternehmen muss Schulden abbauen, um am Ende profitabel zu sein. Erträge und Schulden müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Zinsen dürfen nicht die Erträge auffressen. Insbesondere darf sich ein Unternehmen nicht von Banken und anderen Kreditgebern abhängig machen. Ich gehe davon aus, dass Markus Jooste die Bilanzen hübsch gemacht hat, um Kredite zu bekommen, die er für viele Expansionen benötigt hat. Am Ende hat er den Überblick verloren.
Die neue Geschäftsführung macht einiges richtig, aber nicht alles, so ist es richtig, dass die Bücher akribisch nachkontrolliert werden, denn andernfalls könnte das Management erhebliche Schwierigkeiten bekommen, falsch ist aber die Kommunikation mit den Anteilseignern, denn man kann auch in schlechten Zeiten für die Beruhigung oder besser gesagt Besänftigung des Marktes beitragen (siehe dazu die Kommunikation von Volkswagen in der Öffentlichkeit nach Bekanntwerden des Diesel-/Abgasskandals); da hat Volkswagen alles in allem sehr viel richtig gemacht.
Steinhoff ist sehr groß, allein die einzelnen Marken (Markenrechte) sind Millionen wert, hinzu kommt das Immobilienvermögen, und die einzelnen „Ketten“, z. B. Conforama, Pepkor, Poundland, und andere, die zusammen ein Vermögen wert sind.
Die Schulden sind mit ca. 11 Milliarden auch gewaltig. Im M- und S-Dax sind aber Unternehmen vertreten, die ebenfalls erhebliche Schulden haben, aber im Hintergrund bei weitem nicht so viele Vermögenswerte, wie Steinhoff, so dass der Aktienkurs von Steinhoff trotz der Bilanz-Unregelmäßigkeiten bei weitem nicht im „Centbereich“ liegen müsste, sich wohl aber deshalb auf diesem Niveau befindet, da mit zunehmender Zeit und mangelnder Kommunikation die Unsicherheit wächst. Zudem ist die Aktie zum Spielball von Spekulanten (einschließlich Leerverkäufer) geworden, die kein Interesse daran haben, dass der Kurs in absehbarer Zeit steigt. Außerdem sind sehr viele Kleinanleger dabei, die - um es auf den Punkt zu bringen - die Hosen voll haben.
Natürlich weiß niemand, was kommen wird, aber wer in Aktien investiert braucht sehr starke Nerven (siehe z. B. die Tricksereien und Kurssituation der Banken). Steinhoff mit Banken zu vergleichen, wäre sicherlich nicht richtig, aber richtig ist, dass es sehr viele Parallelen gibt. Somit sind neben mehreren Unternehmen auch Banken im Verlauf der Zeit in Schieflage geraten, und zwar sehr häufig wegen Unfähigkeit des Managements, und wie heißt es so schön „der Fisch stinkt vom Kopf“! die meisten haben es überlebt und stehen heute viel besser da, als vorher, und persönlich glaube ich, dass auch Steinhoff das Desaster überleben und am Ende viel besser da stehen wird, als vorher, da sehr viel dafür spricht!
Der Verkauf von Beteiligungen und die Prüfung aller möglichen Optionen, um Liquidität zu erhalten und Schulden abzubauen, wurden im Übrigen vom neuen Management bereits kommuniziert. Die Panik ist insofern nicht nachvollziehbar. Der Verkauf eines Teils der Beteiligung, oder auch insgesamt der Tochter „Star Africa“ ist im Übrigen auch eine Option, die natürlich zu prüfen ist, um Liquidität zu sichern und Schulden abzubauen. Im Übrigen mit Aussiedlung der Tochter, also der Börsenzuführung im Jahr 2017, gehört diese Gesellschaft nicht mehr zum Kerngeschäft der Holding, sondern ist eine Mehrheitsbeteiligung. Einige Leute verwechseln, evtl. auch mit Absicht, was unter Kerngeschäft, Randgeschäft, Beteiligung, etc. tatsächlich zu verstehen ist. Daneben reden viele Leute, darunter diverse Medienberichterstatter über das Instrument „Debt Equity Swap“ und haben am Ende null Ahnung, da die Umsetzung einer solchen Maßnahme rechtlich und wirtschaftlich sehr komplex ist; aber reden kann man ja, vor allem, wenn man einfach nur mit dreisten Überschriften, die völlig inhaltslos sind, Geld verdienen will.
Auch der Verkauf eines Teils des Kerngeschäftes wäre m. E. legitim, solange damit insbesondere Liquidität geschaffen und Schulden abgebaut werden.
Nehmen wir mal theoretisch an, dass das Management das Ziel verfolgt, durch den Verkauf der Beteiligungen und Randgeschäften sowie durch die Rückführung von Schulden (internen Krediten „Star Africa an Holding“ und ggf. andere) in Höhe von rund € 4 bis 5 Milliarden die Schulden zu reduzieren, evtl. in etwa zu halbieren. Was wäre daran falsch? Natürlich ist klar, dass diese Maßnahmen dazu führen (beitragen) werden, dass die Holding schrumpft, aber eine Holding, die so schnell und so umfangreich gewachsen ist, tut gut daran, sich gesund klein, oder kleiner zu schrumpfen.
Es gibt einige börsennotierte Unternehmen, die am Ende immer noch kleiner sind, bzw. in Bezug auf Umsatz/Gewinn-Verhältnis sowie Schulden-/Vermögensverhältnis kleiner bleiben werden, als Steinhoff es jemals sein wird. Ich mag lieber eine kleine oder kleinere Steinhoff mit klaren Strukturen und einem ausgewogenen Schuldnern-/Ertragsverhältnis, als eine große undurchsichtige Holding, die am Ende keinen Überblick mehr hat.
Alle Angaben unverbindlich, keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung, jede Anleger ist für sich selbst verantwortlich!
Ich wünsche allen Leuten, die investiert sind, gute Nerven.