Vielen Dank schon mal an meine Vorschreiber von der HV und insbesondere an könig für die gelungene Fragesammlung!
Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen, dass die HV hervorragend war und den Investmentcase detailliert untermauert hat. Ich will im folgenden mal versuchen darzulegen, warum ich der Auffassung bin, dass der faire Wert der Aktie bereits heute spürbar jenseits der 150 EUR liegt.
Angesichts der bereits nicht unambitionierten Multiples bezweifle ich zwar, dass die Aktie in naher Zukunft nahe des fairen Wertes notieren wird. Aber diese Analyse ist dennoch wichtig, um die von könig auf der HV aufgestellte These des "Rentenpapiers" zu untermauern, welches man unbesorgt auch jenseits der 100 EUR mit hervorragenden Renditeaussichten und wenig struktureller Downside für viele Jahre wird halten können.
(Dass diie Aktionärsschützer in ihren selbstverliebten und von Unwissen zeugenden Ausführungen diese These ausdrücklich in Abrede stellten, unterstreicht das verheerende Bild, weches insbesondere einer der beiden Herren abgab. Wer solche "Beschützer" hat, braucht keine Feinde mehr.)
INSURETECH
Ich hatte hier vor ein paar Monaten ja schonmal eine erste, zaghafte Valuierung der Insuretech-Plattform vorgenommen. Wie von meinen Vorrednern beschrieben, wurden auf der HV jetzt weitere detaillierte Zielparameter für die Bewertung bekannt, welche meinen ursprünglichen Bewertungsansatz stützen. Auf Basis der neuen Daten will ich die Bewertung im Folgenden aktualisieren.
Wie bereits beschrieben, hat man also Ziel vor Augen, 10% des Marktes von 200 Mrd. EUR zu betreuen, wobei man einen Ertrag von 0,75% auf den Bestand generieren will. Zielerlös sind also 150 Mio. EUR. Als EBIT- Margen-Ziel wurden 40-50% anvisiert. Wenn wir hier den Mittelpunkt von 45% nehmen, kommt man somit auf ein EBIT von 67,5 Mio. EUR.
Wie 11fred11 zurecht ausführt, profitiert Europace von einem vergünstigten Steuersatz durch die Plattformlösung in Irland. Aus Vorsichtsgründen will ich dennoch 25% als effektiven Steuersatz annehmen. Damit ergeben sich Net Earnigs von 50,6 Mio. EUR. Ähnlich wie meine Vorrechner komme ich daher auf 8,17 EUR EPS.
Im Erfolgsfall würde man eine ausskalierte Plattform dieser Art mindestens mit KGV 20 bewerten--auch ohne merkliche weiter Wachstumsdynamik. (Einfach schon wegen des dann bestehenden Customer Lock-ins und der Stetigkeit der Erträge.) Dies ergäbe einen Ertragswert von 163,44 EUR pro Aktie in 2017, da sich die Ziele auf einen 10 Jahres- Horizont beziehen.
Gehen wir nun mal (wie in meiner ursprünglichen Berechnung) davon aus, dass sämtliche operativen Cashflows der Plattform bis 2027 in den Ausbau der Plattform investiert werden müssen (z.B. Weiterentwicklung der Software, Ausbau Vertrieb und Key Account Management sowie M&A-Kosten für Bolt-On Aquisitionen). Dies ist sicherlich eine recht konservative Annahme, da die Plattform bereits in Q1 kurz vor dem EBIT Breakeven stand und schon in sehr wenigen Jahren Free-Cashflow-positiv sein dürfte. Dann ergibt sich unter Annahme von EK-Kosten in Höhe von 8% ein auf heute diskontierter Wert der Plattform von 163,44 / (1,08^10) = 75,70 EUR pro Aktie.
Nun muss man berücksichtigen, dass die obigen Angaben Ziele sind und keine sicheren Fakten. Noch ist auch denkbar, dass sich Hypoport in wesentlichen Aspekten der Schätzung nicht am Markt durchsetzen könnte (z.B. aufgrund von Resistenz gegen das neuartige Gebührenmodell oder aufgrund des Erfolges der beiden Konkurrenten, die auch gerade in den Plattformmarkt eintreten.) Man muss die Zielvorstellungen von Hypoport für eine faire Bewertung daher sicherlich um einen Sicherheitsabschlag diskontieren, um dem spürbaren Risiko einer erheblichen Zielverfehlung Rechnung zu tragen.
Ich wähle hier mal einen Abschlag von 50%, was mir konservativ aber angemessen erscheint. Denn dieser Drops ist noch lange nicht gelutscht. Auch wenn man jetzt mit einer sehr vielversprechenden Lösung an den Markt geht: es besteht immer noch ein Risiko, dass die Komplettlösung ganz oder teilweise scheitert. Mit einem 50% Abschlag ergäbe sich somit ein heutiger Barwert der Plattform von 38,75 EUR, welcher in meinen Augen noch Raum für spätere Überefüllung lässt.
EUROPACE
Bei aller Beeisterung über die Insuretech Plattform will ich aber auch nicht außen vor lassen, dass die HV auch für Die Bewertung von Europace viel positives Feedback zu bieten hatte. Scansoft hatte hier im Forum ja mal erläutert, warum er den Wert von Hypoport bei 100 EUR plus den Wert der neuen Geschäftsmodelle sieht. Nach der HV bin ich mittlerweile davon überzeugt, dass das Altgeschäft tatsächlich bereis heute mehr als 100 EUR wert ist. Im Folgenden die Erläuterung warum.
Man beachte zunächst, dass jeder Verkäufer eines Produktes drei Möglichkeiten hat, seine Erträge zu steigern: (a) höhere Preise, (b) niedrigere Kosten und (c) höhere Mengen. Europace dürfte auf allen drei Ebenen zukünftig massiv profitieren.
Kommen wir zunächst zum Punkt "höhere Preise". Hypoport nimmt bislang einen sehr moderaten Provisionssatz. Auf Anfrage bestätigte Herr Slabke auf der HV, dass es nichts gebe, was Europace grundsätzlich daran hindere, in Zukunft höhere Sätze in Rechnung zu stellen, wenn die Plattform einen entsprechenden Mehrwert für die Nutzer stifte.
Bereits Europace 3 wird noch weiter in die Wertschöpfungskette der Beratung vordringen und somit weitere Effizienzen auf Seiten von Banken und Vermittlern generieren. Zudem wird Europace irgendwann vom Modus der Marktanteilssteigerung auf den Modus der Ertragssteigerung umschwenken. Zu diesem Zeitpunkt dürte der Lock-in der Kunden immens sein, so dass sich angemessene Preissteigerungen noch leichter durchsetzen lassen.
Man muss sich vor Augen halten, dass der EPS-Hebel einer solchen potenziellen Preissteigerung enorm sein kann. Nur mal als Beispiel: bei einer EBIT-Marge von derzeit 25% reicht eine Steigerung des Provisionssatzes um moderate 25% (von 0,1% auf 0,125%) um bei gleichem Volumen das EBIT zu verdoppeln! Hier schlummert also ein spürbares zukünftiges Earningspotenzial.
Auch was den zweiten Punkt, die potenzielle Kostensenkung, angeht, konnte die Hauptversammlung positives berichten. Wir hatten hier ja wiederholt auf die großartige Skalierbarkeit der Plattform hingewiesen (welches die Zahlen ja auch mittlerweile reflektieren). Gegen, dass man bei Sparkassen und Volksbanken erst ganz am Anfang des Wachstums steht, werden wir hier zukünftig also von weiteren substanziellen Skalenerträgen profitieren.
Zudem wies Herr Slabke auf der HV darauf hin, dass derzeit 1/3 bis 2/3 der Kosten der Plattform darin bestehen, entweder die Kundenbasis oder die Funktionalitäten der Plattform zu erweitern (z.B. Key Account Management Sparkassen oder Programmierung für Europace 3). Wenn die Plattform mal "mature" ist, werden diese Kosten sehr erheblich zurückgehen. Eine als Utility geführte, ausskalierte Plattform könnte in Zukunft also durchaus ein Maintenance Capex aufweisen, welches recht niedrig ist. Angesochts der von Herrn Slabke genannten Zahlen erscheint klar, dass eine reife Europace Plattform irgendwann durchaus EBIT Margen in der Größenordnung 50% haben dürfte.
Kommen wir zum letzten Punkt: der Volumenausweitung. Wie beschrieben schlummert hier bei Sparkassen und Volksbanken noch enormes Wachstumspotenzial. Hinzu kommen die nach wie vor starken Wachstumsraten von unabhängigen Finanzdienstleistern, die Europce nutzen und damit Marktanteile gewinnen.
Da ich noch in Berlin bin und hier keine großen Excel-Szenarios durchrechnen kann, verzichte ich auf eine detaillierte Valuierung. Ich denke es dürfte aber klar sein, dass das Altgeschäft allein bereits heute spürbar mehr wert ist als 100 EUR pro Aktie. Einfach mal eine kleine Bierdeckelrechnung, um dies zu belegen:
Nimmt man den Mittelpunkt der von Herrn Slabke genannten Spanne für den Anteil der Erweiterungsinvestitionen für Europace (1/3 bis 2/3), so ergibt sich dass 50% der derzeitigen Kosten zur Beschleunigung des zukünftigen Wachstums aufgewendet werden. Wenn man auf diese verzichtete, würde die Marge von Europace daher von 25% auf 62,5% explodieren (da 50% des 75% Kostenanteils entfiele).
Mit dieser Brechstangenmethode einer kurzfristigen Ertragsmaximierung würde der Ertrag von Europace unmittelbar um das 2,5-fache steigen. In Folge würde das EPS des Gesamtkonzerns sich nahezu verdoppeln.
Nun würde man für ein Hypoport ohne Zukunftsonvestitionen natürlich ganz sicher nicht dasselbe KGV veranschlagen wie für ein Hypoport mit Wachstumsinvestitionen. Ein KGV von 15 wäre für das Altgeschäft aber ganz sicher auch ohne Investitionen in Key Account Management etc. angemessen. Denn wachsen würden Europace und Dr. Klein auch ohne diese Maßnahmen. Dieses Multiple würde dann aber eben ziemlich genau der heutigen Bewertung entsprechen--ganz ohne Versicherungsgeschäft.
Sprich: auch ohne Zukunftsinvestitionen wäre das Altgeschäft heute bereits rund 100 EUR pro Aktie wert. Mit Investitionen dann entsprechend mehr, um die oben beschriebenen drei Wege der EPS-Erhöhung zu beschleunigen.
Wie gesagt fehlt mir jetzt auf Reisen das Equipment und die Zeit für eine genaue Valuierung. Allerdings ist in meinen Augen klar, dass das Altgeschäft allein spürbar mehr wert ist als 100 EUR pro Aktie. Nimmt man z.B. moderate 115 EUR an und addiert den Wert der Versicherungsplattform, so ist man bereits über den eingangs erwähnten 150 EUR pro Aktie für den Gesamtkonzern.
Wie eingangs beschrieben, habe ich erhebliche Zweifel, dass sich dieser Wert kurzfristig an der Börse realisieren lässt. Dazu ist die Altie optisch einfach zu "teuer". Für die Witwen und Waisen hier im Forum kann das aber egal sein. Denn die werden ihr Rentenpapier profitbel halten, während die Herren Altionärsschützer wonders umhergeistern auf der Suche nach einer Dividende ;)